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DISKRIMINIERUNG

Lejla und ihre Mutter haben im Kampf gegen Nicht-Beurteilung Recht bekommen!

Lejla Ibrahimovic
(FOTO: Privat)

Die kleine Lejla Ibrahimović (6) freute sich sehr auf den Schulbeginn und gemeinsames Lernen und Spielen mit anderen Kindern. Ihre Freude wurde aber durch ihr erstes Zeugnis getrübt – sie wurde nämlich als „außerordentliche“ Schülerin beurteilt. Es hieß, ihre Sprachkenntnisse seien nicht gut genug, dabei spricht Lejla akzentfrei Deutsch  (KOSMO berichtete). KOSMO sprach mit Lejlas Mutter (37), um den kompletten Hintergrund der Geschichte aufzudecken.

„Mein Mann und ich sind seit 1992 in Österreich und unsere vier Kinder, drei kleine Mädchen und ein Junge, wurden in Ried (Oberösterreich) geboren, wo wir auch leben. Wir sind alle österreichische Staatsbürger, perfekt in die lokale Gesellschaft integriert und unter den Menschen hier, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit, sehr beliebt. Die Kinder sind gepflegt, anständig, und die älteren Töchter hatten nie Schwierigkeiten mit schlechten Noten oder einer ethnischen Trennung in den Schulen. Mein Mann und ich erwarteten, dass es bei Lejla genauso laufen würde, weil sie sich sehr auf den ersten Schultag freute“, erzählte Ismeta über ihre Familie. Sie arbeitet als Angestellte in einer Fabrik und zusätzlich auch als Freiwillige im Gemeinderat, in der Volkshilfe, im Frauenhaus und vielen anderen Organisationen, die sich mit Sozialarbeit befassen.

Lejla kam in Österreich zur Welt und spricht perfekt Deutsch. Nichtsdestotrotz wurde sie als außerordentliche Schülerin benotet. (FOTO: Privat)

Die kleine Lejla ging ein Jahr lang in die Vorschule und schon damals sprach sie sehr gut Deutsch. Den Kindern falle es generell leichter, auf Deutsch statt auf Bosnisch zu sprechen, und da es in der Ibrahimović-Familie viele gemischte Ehen gibt, unterhält sich Lejla auch mit ihren Verwandten ausschließlich auf Deutsch.

INFOBOX: Außerordentliche Schüler/-innen

„A.o.“ ist die Abkürzung für „außerordentlich“. Wenn ein Kind den „a.o. Status“ bekommt, dann ist das Kind ein/-e außerordentliche/-r Schüler/-in.

Schulleiter-/innen vergeben diesen Status dann, wenn sie glauben, dass ein Kind dem Unterricht nicht ausreichend folgen kann, etwa weil es die Unterrichtssprache Deutsch noch nicht gut genug beherrscht. Solange ein Kind den „a.o. Status“ hat, wird es in dieser Zeit nur in jenen Gegenständen benotet, in denen es positive Leistungen erbringen kann. In Gegenständen, in denen aufgrund noch nicht ausreichender Deutschkenntnisse keine positive Benotung möglich ist, erhält es keine Note.

(QUELLE: ÖÖ Arbeiterkammer)

„Was die Sprache angeht, unterscheidet sich Lejla von keinem anderen in Österreich geborenen Kind. Um ehrlich zu sein, spricht sie besser Deutsch als ihre Muttersprache. Als wir zu einem Gespräch über die Einschreibung in die Schule gingen, wurde uns gesagt, dass das Kind bereit für die erste Klasse sei und, dass es keinen Grund für irgendwelche Bedenken gebe. Zu Beginn des Schuljahres wurden die Sprachkenntnisse bei allen Kindern getestet und beurteilt, und die Lehrerin sagte mir, dass Lejla keine zusätzlichen Deutschstunden braucht. Bei einer  Elternversammlung, vor genau drei Monaten, wurde mir gesagt, dass Lejla eine der besten SchülerInnen in ihrer Klasse sei. Ein halbes Jahr nachdem die Schulzeit begann, wurde uns weder mitgeteilt, dass unser Kind ein Problem in den Unterrichtseinheiten hat, noch gab uns irgendjemand einen Vorschlag, mit ihr zu Hause mehr zu arbeiten. Ich informierte mich regelmäßig über ihr Fortkommen, und es lag an ihr, so weiterzumachen, wie bisher. Denn es war ja alles in Ordnung“, sagt Lejlas Mutter mit großer Verbitterung.

„Vor genau drei Monaten,
wurde mir gesagt, dass Lejla eine der besten SchülerInnen in ihrer Klasse sei“,
erzählte Lejlas Mutter mit großer Verbitterung.

Am Zeugnis-Tag ging der Vater mit der kleinen Lejla in die Schule. Doch, statt sich zu freuen, war sie den Tränen nahe. Denn sie hatte nur eine Note – einen Einser in Religion.

„Überaus traurig erzählte sie dem Vater, dass die Lehrerin sie nicht beurteilen konnte, weil es den österreichischen Schülern gegenüber, für die Deutsch eine Muttersprache ist, nicht fair wäre. Lejlas Enttäuschung war enorm, weil wir sie, genauso wie die älteren Töchter in diesem Alter, auf Noten vorbereiteten. Wir erklärten ihr, wie und wofür man sie bekommt, wie man sie verdient und sie erwartete, dass ihr Wissen dementsprechend beurteilt wird. Sie in solch einem Zustand zu sehen, brachte mich aus der Fassung, und ich musste einfach etwas unternehmen. Ich postete darüber eine Information auf Facebook mit der Frage, ob anderen Kindern und Eltern etwas Ähnliches passierte. Menschen, die unsere Familie kennen, rieten mir, nicht locker zu lassen“, so die Mutter der Sechsjährigen.

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