Das Sparpaket der Regierung trifft nicht alle gleich: Während Geringverdiener bis zu 3,3 Prozent ihres Einkommens verlieren könnten, müssen Topverdiener nur 1,1 Prozent einbüßen.
Eine Analyse des Budgetdienstes zeigt, dass das Sparpaket der Regierung zur Bekämpfung des Budgetdefizits einkommensschwache Haushalte überproportional belastet. Neben dem Wegfall des Klimabonus wirkt sich besonders der Entfall des variablen Drittels bei der Abschaffung der kalten Progression (automatische Steuererhöhung durch Inflation) negativ aus. Während die Grenzwerte der Steuertarife in der Lohnsteuertabelle angehoben wurden, um den „schleichenden Lohnfraß“ teilweise zu beseitigen, sieht die gesetzliche Regelung vor, dass zwei Drittel der Entlastung automatisch auf alle Stufen angewendet werden, das letzte Drittel jedoch flexibel vergeben werden kann.
Inhalt 1:
⇢ Ab Juli: Diese Kosten und Gebühren werden erhöht
Genau dieses flexible Drittel wird nun zurückbehalten, was ab 2026 zu einer geringeren jährlichen Steuerentlastung für alle Österreicherinnen und Österreicher führt. Künftige Gehaltserhöhungen aus Kollektivvertragsverhandlungen werden sich dadurch netto weniger bemerkbar machen als in den Vorjahren. Die neue Lohnsteuertabelle, die voraussichtlich im Sommer veröffentlicht wird, tritt am 1. Jänner 2026 in Kraft.
Soziale Schieflage
Die Berechnungen verdeutlichen die soziale Schieflage: Die einkommensschwächsten zehn Prozent der Haushalte schultern etwa acht Prozent des Netto-Konsolidierungsvolumens, während auf das einkommensstärkste Zehntel 14 Prozent entfallen. In Relation zum Einkommen bedeutet dies jedoch für Menschen mit geringem Verdienst eine deutlich höhere Belastung. Besonders das Aussetzen der Valorisierung (inflationsbedingte Anpassung) von Sozialleistungen trifft die unteren beiden Einkommensdezile hart.
Inhalt 3:
⇢ Boni, Zuverdienst & Co.: Das wird jetzt für Arbeitslose gekürzt
Auch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionistinnen und Pensionisten sowie das teilweise Aussetzen der kalten Progression wirken sich zwar bei höherem Einkommen absolut stärker aus, belasten Geringverdiener jedoch relativ gesehen schwerer.
Der Budgetdienst prognostiziert für 2025 einen Rückgang des durchschnittlichen Haushaltseinkommens um 0,8 Prozent infolge der Konsolidierungsmaßnahmen. Die Ungleichheit zeigt sich deutlich: Während Haushalte im obersten Einkommensdezil mit einer Reduktion von lediglich 0,4 Prozent rechnen müssen, beträgt der Einkommensverlust im untersten Dezil bereits 2,3 Prozent.
Diese Diskrepanz verstärkt sich bis 2029 weiter – dann sinkt das durchschnittliche Einkommen um 1,6 Prozent, wobei das unterste Dezil 3,3 Prozent einbüßt, das oberste hingegen nur 1,1 Prozent.
Wirtschaftliche Folgen
Emanuel List, Ungleichheitsforscher an der Wirtschaftsuniversität Wien, weist im Ö1-Mittagsjournal auf die wirtschaftlichen Folgen einer stärkeren Belastung der unteren Einkommensgruppen hin. Da diese Haushalte tendenziell mehr konsumieren und weniger sparen, wirkt sich jeder fehlende Euro unmittelbar auf das Wirtschaftswachstum aus.
Nach Berechnungen der Agenda Austria kostet die teilweise Wiedereinführung der Kalten Progression „die Arbeitnehmer bis zu 360 Millionen Euro in einem Jahr“. Für Beschäftigte mit dem aktuellen Medianeinkommen von 2.560 Euro Monatsbrutto bedeutet dies bereits einen Nettoverlust von 47 Euro jährlich.
Die Abschaffung der kalten Progression beeinflusst auch die Valorisierung von Absetzbeträgen und Sozialleistungen, was vor allem Geringverdiener trifft. So wird unter anderem die Familienbeihilfe in den kommenden zwei Jahren nicht entsprechend der Inflationsrate angehoben.
Das Sparpaket der Regierung umfasst zahlreiche Gebühren- und Kostensteigerungen sowie Kürzungen, die das Leben in Österreich für viele verteuern werden.
Die Entlastungen fallen geringer aus und treffen Geringverdiener deutlich härter als Besserverdiener, was insgesamt zu sinkenden Haushaltseinkommen führt.
Blick über die Grenze: Deutschland wählt anderen Weg
Während Österreich mit seinem Sparpaket besonders einkommensschwache Haushalte belastet, geht der deutsche Nachbar einen anderen Weg. In Deutschland wurden im Juni 2025 umfassende Steuerentlastungspakete beschlossen, die gezielt Unternehmen und Familien entlasten sollen. Neben der vollständigen Abschaffung der kalten Progression setzt die deutsche Regierung auf die Anhebung von Grundfreibetrag sowie Kindergeld, was insbesondere Familien und Geringverdienern zugutekommt.
Die deutschen Maßnahmen beinhalten zudem Investitionsanreize durch Superabschreibungen und eine schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer, um die Wirtschaft zu stärken. Im direkten Vergleich fallen die Entlastungen für Familien und Geringverdiener in Deutschland deutlich höher aus als in Österreich, wo Sozialleistungen nicht valorisiert und untere Einkommensgruppen überproportional belastet werden.
Wirtschaftsexperten betonen, dass die sozial ausgewogeneren Maßnahmen in Deutschland nicht nur die Kaufkraft der unteren Einkommensgruppen schützen, sondern auch das Wirtschaftswachstum unterstützen. Der Grund: Diese Haushalte geben einen größeren Teil ihres Einkommens für Konsum aus, was die Binnennachfrage und damit die Konjunktur stärkt – ein Effekt, der in Österreich durch die ungleiche Verteilung der Sparlasten geschwächt werden könnte.
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