Ein Exhibitionist auf der ÖBB-Strecke Wien-Baden versetzt Fahrgäste in Angst. Der besachwaltete 42-Jährige soll trotz 30 registrierter Vorfälle weiter in Freiheit bleiben.
Erneut gerät ein 42-jähriger Österreicher ins Visier der Berichterstattung. Dutzende junge Frauen haben sich gemeldet, nachdem der Mann in Zugverbindungen zwischen Wien und Baden offenbar wiederholt exhibitionistische Handlungen vollzogen haben soll. Charakteristisch für sein Vorgehen: Er platziert sich gezielt im Sichtfeld seiner Opfer. Am 27. Februar beobachtete die 17-jährige Veronika T. den Verdächtigen im Zug von Pfaffstätten nach Wien. „Heute habe ich gesehen, wie er sich gegenüber eines kleinen Mädchens gesetzt hat“, schilderte die Jugendliche bedrückt.
Die Verunsicherung unter den Betroffenen wächst. Zahlreiche Mädchen und junge Frauen meiden mittlerweile die betroffene ÖBB-Strecke aus Furcht vor erneuten Begegnungen. Mehrere Opfer wandten sich an die Tageszeitung „Heute“ und berichteten von ihren Erlebnissen. Trotz der registrierten Anzeigen gegen den amtsbekannten, besachwalteten (unter gesetzlicher Betreuung stehenden) Mann bleibt dieser in Freiheit (es gilt die Unschuldsvermutung). Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erklärt, dass ungeachtet der „evidenten Tatbegehungsgefahr“ eine Festnahme aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei, da der angedrohte Strafrahmen zu niedrig ausfalle.
Widersprüchliche Gutachten
Im Verfahren gegen den 42-Jährigen hat sich jetzt eine neue Entwicklung ergeben. Das Hauptverfahren liegt in der Zuständigkeit des Bezirksgerichts Wien-Favoriten. Dessen Sprecher Cornelius Riedl bestätigte auf Anfrage von „Heute“, dass ein zusätzliches Sachverständigengutachten angeordnet wurde, „weil sich Fragen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten ergeben haben“. Dieses dritte Gutachten sei notwendig geworden, da die bisherigen zwei Expertisen unterschiedliche Ergebnisse lieferten. „Widersprechen sich zwei Gutachten aus dem gleichen Fachgebiet über teilweise den gleichen Zeitraum, ist es notwendig ein weiteres Gutachten über die Diskretions- bzw. Dispositionsfähigkeit (Fähigkeit zur Einsicht und Steuerungsfähigkeit) des Angeklagten einzuholen“, erläuterte Riedl.
Hintergrund der Unstimmigkeiten: Ein erstes Gutachten vom Sommer 2024 kam zum Schluss, der 42-Jährige sei schuldunfähig. Ein zweites Gutachten vom Herbst 2024 attestierte ihm hingegen Schuldfähigkeit. Das Gericht in Favoriten verzeichnet in diesem Fall inzwischen 30 Vorfälle, „wobei es in regelmäßigen Abständen zu neuen Strafanträgen der Staatsanwaltschaft kommt“, wie das Gericht mitteilte.
Dunkelziffer befürchtet
Die tatsächliche Anzahl der Vorfälle dürfte allerdings weitaus höher liegen. Recherchen von „Heute“ ergaben, dass zahlreiche Betroffene auf eine Anzeige verzichteten. In vielen Fällen verließen die belästigten Personen lediglich ihren Sitzplatz, da ihnen die Situation peinlich war.
Das Bezirksgericht Wien-Favoriten weist darauf hin: „Jedes Opfer kann sich grundsätzlich schon bei Anzeigeerstattung bei der Polizei dem Verfahren als Privatbeteiligte*r anschließen.“ Bis zur Festsetzung eines Termins für die Hauptverhandlung könnten noch weitere Fälle hinzukommen.
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