Im Zentrum der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Debatten steht ein Phänomen, das zwar nicht neu ist, aber in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen hat: Die Divergenz der Inflation in Österreich im Vergleich zu Deutschland und der EU.
Seit 1996 haben sich Fachleute, darunter Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), mit dem Monitoring und der Analyse der Inflationsraten beschäftigt. Ihre Erkenntnisse zeigen, dass die Inflation in Österreich bis 2007 um ein Viertel Prozentpunkt über der in Deutschland lag und danach sogar um einen halben Prozentpunkt anstieg.
Seit 2003 erhebt die Europäische Union Preisniveaus in ihren Mitgliedstaaten. Damals gab es kaum Unterschiede im allgemeinen Preisniveau zwischen Deutschland und Österreich. Bis 2006 änderte sich dies kaum. Doch ab 2007, einem Jahr, das Baumgartner als eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs bezeichnet, begann die Kluft schnell zu wachsen und erreichte bis 2020 beinahe 10 Prozent. Trotz einer vorübergehenden Phase niedrigerer Inflation in Österreich im Vergleich zu Deutschland in den Jahren 2021/22 und einer gewissen Annäherung, bleibt die Preiskluft im Vergleich zu Deutschland signifikant.
Trend der Preissteigerung
Baumgartner betont, dass diese Preisniveauvergleiche, die nur bis 2021 verfügbar sind, komplex sind und nicht direkt mit der Inflationsrate gleichgesetzt werden können. Dennoch zeichnet sich ein alarmierender Trend ab: Österreich ist dabei, das viertteuerste Land in der Eurozone zu werden, während Deutschland, genau wie vor 20 Jahren, auf Platz acht bleibt. Baumgartner äußert sogar die Befürchtung, dass Österreich kurz davor steht, den dritten Platz einzunehmen – eine Position, die derzeit von Luxemburg, Finnland und Irland belegt wird.
Dieser Trend der Preissteigerung spiegelt sich auch im Vergleich mit der gesamten EU wider: das Preisniveau in Österreich ist seit 2003 stark gestiegen, die Preisunterschiede haben sich von etwa 8 Prozent auf nahezu 15 Prozent fast verdoppelt. Baumgartner weist darauf hin, dass der Preisunterschied zwischen Österreich und Deutschland noch ausgeprägter ist, wenn man sich einzelne Produktgruppen isoliert ansieht, anstatt den gesamten Warenkorb in Betracht zu ziehen. So waren Lebensmittel in Deutschland beispielsweise um drei bis fünf Prozent billiger, als Österreich der EU beitrat.
Im Jahr 2020 waren die Preise in Österreich rund 20 Prozent höher als in Deutschland. Man geht allerdings davon aus, dass dieser Unterschied in den Jahren 2021 und 2022 gesunken ist. Laut Baumgartner haben sich die Inflationsraten – das heißt, wie schnell die Preise steigen – seit Mitte 2021 wieder normalisiert.
Allerdings steigen die Preise in Österreich immer noch um bis zu zwei Prozentpunkte schneller als in Deutschland.
Folge uns auf Social Media!