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Eskalation

Punkt ohne Wiederkehr“ – Israel tötet Irans Militärführung und erwartet Raketen-Hagel

Graffitis gegen den Massentourismus in Spanien. FOTO: EPA/CATI CLADERA
Graffitis gegen den Massentourismus in Spanien. FOTO: EPA/CATI CLADERA

Mit einem Schlag ins Herz der iranischen Macht tötet Israel den Chef der Revolutionsgarde. Der Konflikt eskaliert dramatisch, während bereits Vergeltung aus Teheran rollt.

Israels Militärschlag

Bei einem umfangreichen israelischen Militärschlag gegen den Iran ist der Kommandant der iranischen Revolutionsgarde (Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte), Hossein Salami, ums Leben gekommen. Iranische Staatsmedien bestätigten seinen Tod nach einem Angriff auf das Hauptquartier des Oberkommandos der Eliteeinheit. Die Nachrichtenagentur Tasnim, die als Sprachrohr der Revolutionsgarde gilt, meldete zudem, dass entgegen erster Entwarnung auch Armeechef Mohammed Bagheri bei dem Angriff getötet wurde. Salami galt als einer der einflussreichsten Männer in der Islamischen Republik.

Israelische Medien berichten von weiteren getöteten Kommandanten der Revolutionsgarde. Zudem bestätigte Tasnim den Tod von sechs Atomwissenschaftlern, darunter die bekannten Experten Mohammed Mehdi Teherantschi und Feredun Abbasi-Dawani. Der Iran reagierte umgehend und ernannte den früheren Innenminister Ahmad Wahidi zum neuen Chef der Revolutionsgarde.

Kriegserklärung

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Operation als gezielten Militäreinsatz „um die iranische Bedrohung für das Überleben Israels zurückzudrängen“. Die iranischen Streitkräfte kündigten eine „starke Reaktion“ auf den von ihnen als „feigen Angriff“ bezeichneten Schlag an. Nach Angaben israelischer Regierungsvertreter bereitet sich das Land auf einen unmittelbaren Vergeltungsschlag vor, der Hunderte ballistische Raketen umfassen könnte. Netanjahu warnte die Bevölkerung, dass längere Aufenthalte in Schutzräumen notwendig werden könnten.

Ein Vertreter des israelischen Militärs erklärte im regierungsnahen Sender Kanal 14: „Wir sind im Krieg.“ Israel habe einen „breit angelegten Angriffsplan für die kommenden Tage“ vorbereitet. Unmittelbar nach Beginn der Offensive verhängte Israel den Ausnahmezustand in Erwartung iranischer Gegenangriffe. „Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen“, sagte Netanjahu in einer aufgezeichneten Ansprache.

Generalstabschef Ejal Samir bezeichnete den Großangriff als unausweichlich. „Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist – wir befinden uns an einem Punkt ohne Wiederkehr“, erklärte er laut Armeeangaben. Verteidigungsminister Israel Katz sprach von einem „Präventivschlag“. Israelischen Geheimdienstinformationen zufolge stehe der Iran in seinem Atomprogramm kurz vor einer unumkehrbaren Schwelle.

Das israelische Militär teilte auf Telegram mit, Dutzende Kampfflugzeuge hätten „die erste Phase“ des Einsatzes abgeschlossen und zahlreiche militärische Ziele, darunter auch nukleare Einrichtungen in verschiedenen Regionen des Iran, angegriffen. Netanjahu betonte: „Wir haben das Herz der iranischen Kernwaffenanreicherung getroffen.“ Israelische Piloten hätten die Hauptanreicherungsanlage Natans angegriffen.

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Internationale Reaktionen

Das iranische Staatsfernsehen berichtete hingegen, Israel habe bei seinen Angriffen auch Wohngebiete in Teheran und anderen Städten getroffen, wobei auch Kinder getötet worden seien. Iranische Medien zeigten Bilder zerstörter Häuserfassaden in Teheran und Videoaufnahmen von Rettungskräften, die unter Trümmern nach Verschütteten suchen. Der Luftraum des Landes wurde gesperrt, nachdem bereits zuvor der Betrieb am Hauptstadtflughafen in Teheran eingestellt worden war.

Ajatollah Ali Chamenei, der oberste Führer des Iran, drohte Israel mit einer „starken Reaktion“. Mittlerweile sollen etwa 100 Drohnen vom Iran aus gestartet sein. Der Irak und Jordanien haben als Reaktion ihren Luftraum geschlossen.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte beide Seiten zu äußerster Zurückhaltung auf. Es müsse unbedingt verhindert werden, dass die Lage in der Region in einen noch heftigeren Konflikt abgleite, ließ er durch einen Sprecher mitteilen. US-Präsident Donald Trump äußerte in einer ersten Reaktion die Hoffnung, dass der Iran nach den israelischen Angriffen an den Verhandlungstisch zurückkehren werde. Die sunnitischen Länder Saudi-Arabien, Oman, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate verurteilten die israelischen Angriffe.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) teilte mit, dass nach dem israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen keine erhöhte Strahlung gemessen wurde. Die USA sind nach Regierungsangaben nicht an dem israelischen Angriff beteiligt. Außenminister Marco Rubio bezeichnete die Operation als unilaterale Aktion und erklärte, Israel habe die USA darüber informiert, dass es diesen Schritt für seine Selbstverteidigung als notwendig erachte.

Der Iran warf den USA vor, von den israelischen Angriffen vorab gewusst zu haben. Die Angriffe hätten „nicht ohne die Koordinierung und Genehmigung der Vereinigten Staaten ausgeführt worden sein“ können, erklärte das Außenministerium in Teheran. Das Ministerium machte die USA direkt „für die gefährlichen Auswirkungen und Folgen des Abenteurertums des zionistischen Regimes verantwortlich“ – eine Formulierung, die Teheran üblicherweise für den Staat Israel verwendet.

Experten gehen davon aus, dass Israel ohne stillschweigende Zustimmung der USA, seines wichtigsten Verbündeten, nicht angegriffen hätte. Die USA hatten am Donnerstag unter Verweis auf erhöhte Spannungen in der Region Teile ihres Botschaftspersonals abgezogen. Trump hatte von einem möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Angriff Israels auf den Iran gesprochen. Für das Wochenende war bis zuletzt eine weitere Verhandlungsrunde im Atomstreit der USA mit dem Iran geplant.

Der Westen bemüht sich seit Jahrzehnten, die Entwicklung iranischer Atomsprengköpfe zu verhindern. Teheran bestreitet entsprechende Absichten, hat jedoch als einzige Nichtatommacht Uran in einem Maß angereichert, das mittlerweile beinahe waffentauglich ist. Der Gouverneursrat der IAEA hatte am Donnerstag auf Betreiben der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands in einer Resolution festgestellt, dass Teheran seine Verpflichtungen verletze. Der Iran reagierte mit der Ankündigung einer weiteren Urananreicherungsanlage.

Die Zerstörung Israels ist Teil der iranischen Staatsideologie, weshalb Israel in Teheran eine existenzielle Bedrohung sieht. Der Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 entwickelte sich rasch zu einem Stellvertreterkrieg zwischen beiden Staaten, da alle mit dem Iran verbündeten Milizen Israel angriffen. In diesem Mehrfrontenkrieg fügte Israel den Huthis (jemenitische Rebellengruppe), irakischen schiitischen Milizen und vor allem der Hisbollah (vom Iran unterstützte Miliz im Libanon) schwere Verluste zu.

Der Iran selbst griff Israel in zwei Angriffswellen mit Hunderten Raketen und Drohnen an, während Israel auch direkte Luftschläge im Iran durchführte. Dabei sollen laut dem Militärexperten der liberalen israelischen Tageszeitung „Haaretz“, Amos Harel, die Luftabwehrfähigkeiten des Iran erheblich geschwächt worden sein.