Österreichs Justiz lockert die Zügel: Längere Reststrafen mit Fußfessel verbüßbar, leichtere bedingte Entlassung und gleichzeitig strengere Handyregeln in Gefängnissen.
Das Justizministerium erweitert die Anwendungsmöglichkeiten für Fußfesseln und erleichtert die bedingte Entlassung von Strafgefangenen. Diese Neuerungen sind Bestandteil des Budgetbegleitgesetzes. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) erläuterte in einer Aussendung die dreifache Zielsetzung: „Mit der Reform des Strafvollzugsgesetzes und der darin enthaltenen Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests und den neuen Regeln für die bedingte Entlassung schaffen wir dreierlei: einen Beitrag zur Entlastung des Bundeshaushalts, einen Beitrag zur Entlastung der Belegung der Gefängnisse und einen Beitrag zur besseren Resozialisierung.“
Die Neuregelung sieht vor, dass künftig auch Personen mit einer Reststrafe von bis zu 24 Monaten für den elektronisch überwachten Hausarrest in Frage kommen – bisher lag diese Grenze bei zwölf Monaten. Schwere Straftaten bleiben von dieser Regelung ausgenommen. Eine weitere Verfahrenserleichterung besteht darin, dass Verurteilte bereits mit der Aufforderung zum Strafantritt über die Möglichkeit des Fußfesseleinsatzes informiert werden.
Verurteilte können unmittelbar einen entsprechenden Antrag stellen, wodurch der Haftantritt bis zur Entscheidung aufgeschoben wird. Trotz der Verdoppelung der möglichen Reststrafdauer auf zwei Jahre bleibt der elektronisch überwachte Hausarrest für bestimmte Tätergruppen weiterhin ausgeschlossen – insbesondere für Personen, die wegen schwerer Gewalt- oder Sexualdelikte verurteilt wurden. Verbessert werden hingegen die Bewegungsmöglichkeiten für Personen mit Fußfessel, die künftig ebenfalls Gelegenheit zur Bewegung im Freien erhalten sollen.
Bedingte Entlassung
Auf administrativer Ebene werden Sozialarbeiter des Vereins Neustart verstärkt in die Prüfung der Voraussetzungen für den Fußfesseleinsatz eingebunden. Zudem wird eine amtswegige Überprüfung der Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrests im Entlassungsvollzug eingeführt. Bei bedingten Entlassungen entfällt künftig die Möglichkeit, den Antrag aus rein generalpräventiven Gründen abzulehnen.
Während bisher eine bedingte Entlassung verweigert werden konnte, um die Allgemeinheit von ähnlichen Taten abzuschrecken, sollen in Zukunft nur noch spezialpräventive Gründe – also solche, die in der Person des Täters liegen – einer vorzeitigen Entlassung entgegenstehen können. Bei Häftlingen mit längeren Freiheitsstrafen werden künftig Senate, bestehend aus Berufsrichtern und fachkundigen Laienrichtern, über die bedingte Entlassung entscheiden.
Sicherheitsmaßnahmen
In den Justizanstalten selbst werden ebenfalls Änderungen wirksam: Es wird ein grundsätzliches Handyverbot eingeführt, mit Ausnahmen für dienstlich notwendige Geräte, etwa bei Justizwachebeamten, oder in individuell genehmigten Fällen. Diese Maßnahme zielt darauf ab, das Einschmuggeln von Mobiltelefonen in Haftanstalten zu unterbinden.
Ergänzend dazu schafft die Gesetzesnovelle die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Störsendern. Zur verbesserten Ausstattung der Justizwache gehören künftig auch Bodycams sowie neue Dienstwaffen wie Taser oder Pfefferspray.
Entlastung überbelegter Gefängnisse
Die Reform kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Österreichs Gefängnisse mit erheblichem Platzmangel und Personalengpässen kämpfen. Besonders in Niederösterreich fehlen derzeit rund 100 Justizwachebeamtinnen und -beamte, während österreichweit Hunderte Stellen unbesetzt bleiben. Justizministerin Sporrer bezeichnet die geplanten Maßnahmen als „Balanceakt“, der sowohl zur Haushaltskonsolidierung beiträgt als auch die drängende Überbelegungsproblematik in den Gefängnissen adressiert.
Teil des Gesamtkonzepts ist zudem, ab 2026 jährlich zehn Millionen Euro einzusparen, indem ausländische Gefängnisinsassen ihre Haft künftig im Heimatland verbüßen sollen. Hierfür müssen allerdings noch entsprechende internationale Abkommen geschlossen werden. Diese kombinierte Strategie aus Fußfesselausbau, erleichterter bedingter Entlassung und Haftverlegungen ins Ausland soll die strukturellen Probleme des österreichischen Strafvollzugs nachhaltig entschärfen.
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