Wir sprachen mit der Niederösterreichs Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales Christiane Teschl-Hofmeister über die große Pflegereform, 24-Stunden-Betreuung, Zukunftsperspektiven für die Jugend und Gewalt an Frauen.
KOSMO: Vor kurzem wurde die große Pflegereform des Bundes präsentiert. Sie haben sich intensiv im Vorfeld eingebracht. Wurden Ihre Wünsche und Forderungen erfüllt?
Christiane Teschl-Hofmeister: Erstens bin ich sehr froh, dass der erste und wichtigste Schritt erfolgt ist. Wir haben sehr intensiv an dieser Reform gearbeitet und wir konnten etwas Herzeigbares zu Stande bringen. Es war mittlerweile schwierig, Pflegeheime zu besuchen, mit den MitarbeiterInnen zu reden und ihnen immer wieder zu sagen, dass wir über mögliche Lösungen nachdenken werden. Jetzt bin ich sehr froh, dass man sagen kann – es gibt etwas Konkretes und zwar eine Milliarde Euro. Das ist nicht wenig. Wichtige Punkte davon hat Niederösterreich im Land selbst schon umgesetzt wie z. B. ein Stipendium für ausbildungswillige Menschen, das mit Hilfe des Bundes noch ein bisschen erhöht wurde. Im Herbst mache ich eine Runde durch möglichst viele Pflegehäuser und -einrichtungen. Im Gespräch mit den MitarbeiterInnen werden wir dann erfahren, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt und wir werden daran weiterarbeiten.
Betreffend der 24 Stunden-Betreuung – was wäre da Ihre Vorstellung?
Christiane Teschl-Hofmeister: Schon lange haben wir in Niederösterreich konkrete Vorstellungen. Unser Landtagsabgeordneter Anton Erber hat die Idee der Teilbarkeit der 24-Stunden-Betreuung schon lange vorgeschlagen und gefordert. Es geht darum, dass eine Betreuungskraft bis zu drei Menschen betreuen kann, wenn natürlich eine gewisse Pflegestufe nicht überschritten wird und wenn sie im selben Haus wohnen. Wir würden das gerne in Niederösterreich ausprobieren und Minister Rauch wurde bereits eingeladen, nach Niederösterreich zu kommen.
Wir haben sehr intensiv an der Pflegereform gearbeitet und wir konnten etwas Herzeigbares zu Stande bringen.
Christiane Teschl-Hofmeister
Die Sommerferien stehen vor der Türe. Für Familien ist ja diese Zeit oft herausfordernd, weil sie nicht wissen, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung unter einem Hut bekommen. Was gibt es in Niederösterreich an Angeboten?
Wir haben immer schon sehr viel Ferien-Betreuung angeboten, aber wenn man sagen möchte, dass Corona auch einen positiven Effekt gezeigt hat, dann würde ich diesen Bereich nennen. In den beiden vergangenen Corona-Sommern haben die Gemeinden extrem gut gelernt, zusammenzuarbeiten. Das Land Niederösterreich hat auch die Förderung verdoppelt – von 250 Euro pro Woche und Gruppe auf 500 Euro und das hat wirklich gut funktioniert. Wir haben eine sehr große Betreuungsdichte dadurch erreichen können und haben z. B. auch über Familienland GmbH, mit der Wirtschaft gemeinsam ein vierwöchiges Angebot, das wirklich dezentral in allen Regionen des Landes stattfindet, wo man auch gleich ein bisschen in die Berufswelt hineinschnuppern und sich aufs weitere Leben vorbereiten kann. Ich denke, es hilft Eltern enorm zu wissen, dass ihre Kinder in der Ferienzeit gut aufgehoben sind.
Wo sehen Sie beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch Handlungsbedarf und welche Initiativen setzen Sie dafür?
Christiane Teschl-Hofmeister: Familie und Beruf ist ein Thema, das immer größer wird. Die Frauen wollen erstens mehr und zweitens früher arbeiten gehen und das heißt, dass sie Kinderbetreuung brauchen. Natürlich nicht nur die Frauen, sondern auch die Väter. Wir sind jetzt ganz stark am Ausbauen – wir haben bereits 2018 das blau-gelbe Familienpaket verabschiedet. Jetzt beobachten wir, was es uns gebracht hat und mit Stolz können wir viele Vorteile dieses Pakets feststellen. Es gibt ca. 180 Kleinkindergruppen und über 240 neue Kindergartengruppen. Man sieht, dass wir auf diesem Markt wachsen und unser Ziel ist es, noch nachzuschärfen – vor allem bei den unter Dreijährigen. Wir haben jetzt diverse Umfragen und Studien zu diesem Thema gemacht und arbeiten mit den Ergebnissen jetzt weiter.
Die Studie hat eindeutig gezeigt, dass wir trotz aller Krisen auch in Zukunft Menschen haben, die bereit sind, sich füreinander einzusetzen und ein kraftvolles und selbstbewusstes Leben führen können.
Christiane Teschl-Hofmeister
Die heuer präsentierte Jugendstudie zeigt, dass Jugendliche positiv in ihre Zukunft blicken. Was sind dennoch die Herausforderungen der Jugend, die die Politik bearbeiten muss?
Christiane Teschl-Hofmeister: Man hat in der Vergangenheit immer wieder gehört, dass es den Jugendlichen durch Corona sehr schlecht geht, weil sie viel versäumt haben und Angst von der Zukunft haben. Unsere Studie hat nicht das Gegenteil belegt – die jungen Menschen machen sich schon Sorgen – aber 90 Prozent von ihnen sind fest davon überzeugt, ihre persönliche Zukunft in der Hand zu haben und ihre Chancen selbst wahrnehmen zu können. Das ist genau der richtige Weg. Die Eigenverantwortung ist offensichtlich etwas, was die jungen Menschen haben und ausleben wollen. Sie wollen sich auch für andere ehrenamtlich engagieren und das sind Zeichen, die mich selbst als Mutter aber auch als dafür zuständige Landesrätin sehr stolz machen. Die Studie hat eindeutig gezeigt, dass wir trotz aller Krisen, die ich nicht schönreden will, auch in Zukunft Menschen haben, die bereit sind, sich füreinander einzusetzen und ein kraftvolles und selbstbewusstes Leben führen können.
Wir müssen Frauen deutlich machen, dass es genug an Hilfe in Niederösterreich gibt.
Christiane Teschl-Hofmeister
Apropos Gewalt gegen Frauen, was wird hier in Niederösterreich an Maßnahmen angeboten, um gegen Gewalt an Frauen vorzugehen?
Christiane Teschl-Hofmeister: Jedes Mal, wenn man von einer Bluttat hört, dreht sich mir persönlich der Magen um. Man ist natürlich gewillt, alle derartigen Fälle zu verhindern, aber das können wir leider nicht. Das sagen auch alle Beratungsstellen und Frauenhäuser. Das wird die Politik nie können. Niemand kann einen Mord verhindern. Aber was wir können, ist, den Frauen deutlich zu machen, dass es Hilfe gibt und, dass sie immer und in jeder Situation eine Nummer bzw. einen Kontakt haben, an den sie sich sofort wenden können. Sie sollen nie das Gefühl haben, dass sie alleine sind und vor allem nicht, dass sie schuld sind. Opfer sind nie schuld! Es sind immer die Täter. Wir haben ein Tool – den runden Tisch – ins Leben gerufen, wo alle – von der Polizei, über die Bildung, Frauenberatung, Frauenhäuser, bis zu unseren Gesundheitseinrichtungen – zusammensitzen und miteinander sehr gut vernetzt sind. Sie geben uns das Feedback, dass es genug an Hilfe in Niederösterreich gibt, aber das Wissen darüber fehlt noch. Das heißt – wir müssen mehr darüber reden und in die Breite bringen. Wir regionalisieren dieses Wissen jetzt und teilen ganz viel Informationen darüber aus, damit keine Frau Angst haben muss, alleine zu sein. Denn sie sind in den meisten Fällen Opfer der häuslichen Gewalt. In Niederösterreich gibt es immer Hilfe!
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