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LEBENSRETTUNG

Wahre Freundschaft: Nikola schenkte Luka 70 % seiner Leber und eine Niere!

Heute sind Nikola und Luka Brüder und manchmal streiten sie auch wie Brüder. (FOTO: KOSMO)

LEBENSRETTUNG. Wenn ein Organ im menschlichen Körper versagt und herkömmliche Behandlungsmethoden keine Hoffnung auf Heilung bieten, ist eine Transplantation die einzige Lösung. Der Wettlauf gegen die Zeit ist schrecklich und häufig liegt die einzige Hoffnung in einem Spender. Glücklicherweise gibt es Menschen, die helfen…

Österreich ist Mitglied von Eurotransplant und das Gesetz über Transplantationen ist so, dass der Erhalt eines neuen Organs sicher ist, wenn dafür die medizinische Indikation besteht. Natürlich kann die Bürokratie manchmal langsam sein oder man muss einfach länger auf ein passendes Organ warten. Leider ist das alles in den Ländern des Westbalkans viel schwerer, denn die Menschen haben sich viel weniger mit Organspenden auseinandergesetzt und haben aufgrund mangelnder Information auch mehr Angst.

Wenn die nächsten Angehörigen aus berechtigten Gründen kein Organ spenden können und kein Geld für eine Behandlung im Ausland vorhanden ist, ist der Patient zur Dialyse verurteilt, sofern es um die Nieren geht, oder zum schnellen Sterben, wenn es sich um die Leber oder um Haut handelt. Bei den Recherchen zu diesem Thema ist KOSMO jedoch auf strahlende Beispiele von Humanität und Menschlichkeit gestoßen.

Alle Transplantationspatienten, mit denen wir gesprochen haben, sind ebenso wie auch ihre Retter sehr jung, und dass das menschliche Engagement keine Grenzen kennt, zeigt auch die Tatsache, dass die Organspender und die Empfänger aus unseren Geschichten nicht miteinander verwandt waren.

Nikola Subašić (26) und Luka Vasiljević (25)

Nikola schenkte Luka 70 % seiner Leber und eine Niere, aber er möchte darüber nicht mit den Medien sprechen. Er findet es unangemessen, aus ihm einen Helden zu machen, und erlebt seine Entscheidung, seinem Freund zu helfen, als normal. Luka unterstützt ihn darin, Journalisten aus dem Weg zu gehen, aber beide haben Lukas Mama Jelena grünes Licht gegeben, mit KOSMO zu sprechen.

Die Ethik-Kommission untersucht, ob der Spender finanzielle oder sonstige Interessen hat.

„Nikola ist aus Banja Luka nach Belgrad zu seinem Bruder gekommen, der als Mieter in unserem Einfamilienhaus lebte. Beide verstanden sich sehr gut mit Luka, der für meinen Mann und mich unser einziges Kind ist. Ich habe mir schon immer Sorgen um seine Gesundheit gemacht, denn er hat einen angeborenen Mangel an Alpha 1-Antitrypsin, was zu Lungen- und Leberproblemen führen kann. 2017, als wir vom Meer zurückkamen, hatte Luka Schwellungen an den Beinen, und als er schließlich zur Untersuchung ging, brach meine Welt zusammen, denn es wurde gesagt, dass er eine Leberzirrhose hatte und dass seine Nieren versagt hatten. Daher musste er dreimal wöchentlich zur Dialyse gehen. Und er war doch erst 23 Jahre alt“, erzählt Jelena Vasiljević mit zittriger Stimme.

Natürlich ließen sich Lukas Eltern gleich testen und hofften, dass einer von ihnen als Spender in Frage käme, aber die Hoffnung war vergebens. Jelenas Schwester und Cousine waren ebenfalls nicht kompatibel und auch die beiden Freunde von Luka und die Volksschullehrerin, die sich gleich angeboten hatte, kamen nicht in Frage. Und dann, als wäre das ganz normal, sagte Nikola Subašić zu Lukas Mama: „Alles wird gut, Tante, ich gebe ihm eine Leber und eine Niere.“

Nikola meint, dass es unangemessen ist, aus ihm einen Helden zu machen. Für Lukas Mama ist er zum zweiten Sohn geworden. (FOTO: KOSMO)

„Ich gebe zu, ich war von den Worten dieses wunderbaren Jungen berührt, aber so sehr ich auch wollte, dass mein Kind gesund würde, erklärte ich Nikola doch, dass das ein sehr großer Schritt sein würde. Aber seine Entscheidung war unumstößlich und er ließ sich testen. Er überzeugte Luka, dass das die beste Lösung war, und so begann auch er daran zu glauben, dass er auf der Schwelle zu einem neuen Leben stand. Er fand über das Internet ein Krankenhaus in Istanbul, in dem Doppeltransplantationen durchgeführt wurden, aber für diesen großen Eingriff mussten wir 120.000 Euro aufbringen. Wir stellten beim Republikfonds für Krankenversicherung einen Antrag, der jedoch abgelehnt wurde. Die nächste Adresse war das Gesundheitsministerium, wo uns Geld für die Operation versprochen wurde“, erinnert sich Lukas Mama an den schweren Kampf und fügt hinzu, dass der Staat die ganze Operation für Luka bezahlt hat. Jelena fuhr gemeinsam mit Luka und Nikola in die Türkei. In der Klinik wurde ihnen gesagt, dass einer von zehn Transplantationspatienten stirbt, aber Luka hatte keine andere Wahl. Nikola erfuhr vom Arzt, dass einer von tausend Spendern ebenfalls stirbt, aber er dachte nicht ans Aufgeben.

„Nikolas Leber war kleiner, als man auf den Bildern gesehen hatte. 70 % wurden Luka implantiert.“

„Da eine Organspende von einer Person, die mit dem Patienten nicht blutsverwandt ist, ungewöhnlich ist, muss der Spender ein Gespräch mit einem Psychologen sowie mit einem Ethik-Team führen. Nikola erledigte das alles mit Leichtigkeit. Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich fühlte, als sie zuerst Nikola und später Luka in den Operationssaal brachten. Jede Minute schien mir unendlich lang in meiner Angst um sie beide. An diesem Tag führten sie nicht beide Transplantationen durch, denn die Ärzte sahen erst auf dem Operationstisch, dass Nikolas Leber kleiner war, als es auf den Röntgenbildern geschienen hatte, daher mussten sie 70 % seines Organs für Luka entnehmen. Die gleichzeitige Operation der Niere hätte sein Leben gefährdet, daher ließen sie es bleiben“, fährt die mutige Mama mit ihrer Geschichte fort.

Nikola hatte nach der Operation starke Schmerzen, aber Jelena blieb die ganze Zeit an seiner Seite. Als er aus dem Krankenhaus kam, wurde er in einer Wohnung untergebracht, die die Vasiljevićs in Istanbul gemietet hatten und in der Luka schnell zu ihnen stieß. Leider wurde Luka kurz nach der Lebertransplantation noch zweimal operiert: das erste Mal wegen blutiger und häufiger Stühle und dann, weil die Ärzte feststellten, dass bei ihm Flüssigkeit aus dem Gallenleiter in den Magen austrat. Um mögliche Komplikationen zu vermeiden, forderte der Arzt von Luka, eine Woche lang nichts zu essen, aber das vollständige Hungern dauerte am Ende sieben Wochen.

STATISTIK. Die Ärzte sagen, dass von tausend Spendern einer stirbt.

„Es war schrecklich, er zitterte und klagte über Schmerzen. Aber zur Kulmination kam es, als Luka eines Morgens so starke Kopfschmerzen bekam, dass er laut schrie. Da die Dialyse statt alle zwei Tage nur alle drei Tage durchgeführt wurde, hatte sich in seinem Organismus so viel Gift angesammelt, dass eine dauerhafte Schädigung des Gehirns befürchtet wurde. Darum versetzte man ihn in ein künstliches Koma, um eine Dialyse und ein EEG durchzuführen. Auch diese Krise durchlebte ich gemeinsam mit Nikola, der nicht nach Belgrad zurückkehren und den Freund alleine lassen wollte. Und dann wurde uns eines Tages gesagt, dass Nikola ins Krankenhaus kommen und seine Lunge röntgen lassen sollte. Das war ein Zeichen dafür, dass sich der Termin der nächsten Transplantation näherte. Dieses Mal ging alles schneller und stressfreier vor sich. Nach der Operation hatte Nikola keine Schmerzen und Luka war wie neugeboren, denn die Niere, die er von seinem Freund bekommen hatte, begann bereits auf dem Operationstisch zu funktionieren“, erinnert sich Frau Jelena an den Tag, an dem ihr Sohn endlich die Chance erhielt zu leben. Heute sind Nikola und Luka Brüder und benehmen sich auch so, selbst wenn sie manchmal streiten.

Der junge Mann aus Banja Luka lebt noch immer im Haus der Vasiljevićs, aber nicht mehr als Mieter, sondern als Familienmitglied. Jelena kümmert sich gleichermaßen um beide mutigen Burschen und ist glücklich, dass das große Leid endlich vorüber ist.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.