Start Magazin
REPORTAGE

Sinnvoll oder schädlich? Was für und gegen Impfungen spricht

Impfungen_Pro und Contra (FOTO: iStock)

Viele Krankheiten, die bis vor kurzem als unheilbar oder tödlich galten, sind dank der Entdeckung von Impfstoffen fast ausgerottet. Aber aus Angst vor negativen Folgen lehnen einige Eltern die Immunisierung ab und gefährden damit ihre eigenen und auch fremde Kinder. Im dritten Teil der Reportage legen wir euch die Meinungen unserer Mitbürger dar.

Impfbefürworter und Impfgegner schlagen Vernichtungsschlachten in den Medien und in den sozialen Netzwerken. Die meisten Ärzte und Wissenschaftler sprechen sich absolut für die Impfung von Kindern und Erwachsenen aus und berufen sich auf die Erkenntnisse der Medizin. Andere, unter denen es auch Ärzte gibt, vor allem aber Menschen, die keinerlei Bezug zur Medizin haben, behaupten, dass eine Immunisierung nicht nur unnötig, sondern sogar sehr gesundheitsschädigend ist. Sie beschuldigen die Befürworter des Impfschutzes, im Dienste einer dubiosen Pharmaindustrie zu stehen. Sie gehen sogar so weit, die Regierungen von Staaten, in denen die Impfung gesetzliche Pflicht ist, als Feinde vor allem ihrer jüngsten Bürger zu attackieren.

Eltern, die all dies beobachten, sind häufig verunsichert und verängstigt, denn beide Seiten wirken sehr überzeugend. Und wenn ihr Kind ins Impfalter kommt, stehen sie vor einem Dilemma: Wenn ich zustimme, könnte ich das bitter bereuen, wenn ich nicht zustimme, vielleicht noch mehr. Leider haben Ärzte oft keine Zeit, den Eltern ausführlich zu erklären, welche eventuellen Folgen die Impfung eines Kindes haben kann, und niemand will eine Garantie unterzeichnen, dass keine negativen Folgen eintreten können. Das ist manchmal schon hinreichend, um das Vertrauen in das gesamte Gesundheitssystem zu erschüttern.

KOSMO hat mit Eltern gesprochen, die skeptisch sind, aber auch mit einer Mama, die eine absolute Befürworterin der Immunisierung ist. In der Reportage haben wir auch Ärzte befragt, deren Meinungen stark auseinandergehen.

Nada Jurišić (38)

Nada Jurišić (FOTO: KOSMO)

„Ich habe Angst“

Nada ist Mama der fünfjährigen Teodora und des drei Monate alten Filip. Bevor sie Mutter wurde, arbeitete sie in der Ordination einer Ärztin, die behauptete, dass bei Kindern infolge von Impfungen noch zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr verschiedene Krankheiten auftreten könnten. Als sie das erste Kind bekam, wurde sie von Angst und Misstrauen übermannt.

KOSMO: Wie ist Ihre erste Begegnung mit dem Kinderarzt verlaufen?
Nada Jurišić: Als wir mit Teodora das erste Mal beim Kinderarzt waren, wurde uns gesagt, dass sie beim nächsten Termin ihre erste Impfung gegen Keuchhusten bekommen würde. Nach der Untersuchung gab die Assistentin meinem Baby eine Flüssigkeit, die es schlucken sollte. Ich hielt sie auf, denn ich wollte mit der Ärztin über die möglichen Risiken sprechen. Sie war jedoch ziemlich unfreundlich und gab mir keine Antworten auf meine Fragen. Ich wollte nicht, dass mein Kind in diesem Alter irgendetwas erhielt, daher forderte ich, dass mir die Ärztin unterschreiben sollte, dass meinem Kind nichts Schlimmes passieren könnte. Sie lehnte das ab und gab mir den Beipackzettel zu lesen, und als ich sah, welche Risiken da aufgeführt waren, packte mich wirklich die Angst.
Dort stand, dass das Kind acht Wochen lang unkontrolliert schreien und Fieber, Durchfall und Erbrechen bekommen könnte, was ich fürchterlich fand. Die Ärztin sagte, dass ein nicht geimpftes Kind anfangen könnte zu husten und blau anzulaufen und dass es am folgenden Tag sterben könnte. Als ich es ablehnte zu unterschreiben, schrieb sie, dass die Eltern überhaupt keine Impfung wünschten, was nicht stimmte. Mein Mann und ich wollten nur alle Informationen darüber bekommen, welchen Risiken wir unser Kind aussetzten. Das war dann unser letzter Besuch in dieser Ordination.

„Die Ärzte wollten uns nicht nachdenken lassen, sondern forderten, dass wir wortlos gehorchen sollten.“

Fürchten Sie sich vor allen Impfungen?
Ich glaube nicht, dass jede Impfung schlimme Folgen mit sich bringt, aber kein Arzt will unterschreiben, dass er für die Sicherheit des Kindes garantiert. Sechsmal haben wir den Arzt gewechselt und jeder hat das abgelehnt. Das befehlende, fast schon aggressive Auftreten der Ärzte, die dabei jedoch keinerlei Verantwortung übernehmen wollen, hat bei uns Widerstand und Angst ausgelöst. Sie haben uns nicht erlaubt, nachzudenken, sondern forderten, dass wir wortlos gehorchen sollten. Nach einer Reihe schlechter Erfahrungen haben wir einen Arzt gesucht, der neben der Schulmedizin auch alternative Formen der Medizin anbietet und der jedes Kind genau anschaut. Glücklicherweise haben wir einen Kinderarzt gefunden, der unsere Erwartungen erfüllt hat. Er hat uns keinen Druck gemacht und hat nicht aggressiv gefordert, dass Teodora bis zu ihrem zweiten Lebensjahr geimpft werden müsste. Sie war ein gesundes, gut entwickeltes Baby und das war mir das Wichtigste.

Was ist dann mit der Immunisierung passiert?
Als sie in den Kindergarten kam, wurde Teodora auf Anraten des Arztes mit zweieinhalb Jahren gegen Kinderlähmung, Tetanus und Diphterie geimpft. Bisher bekam sie zwei Auffrischungsimpfungen und hatte auch danach keine heftigen Reaktionen, denn sie war darauf vorbereitet und ihr Körper konnte sich gegen eventuelles Fieber, Durchfall oder Erbrechen wehren. In der Zwischenzeit hat sie die Windpocken durchgemacht, aber die sind nicht heftig verlaufen. Ich habe keine Angst vor den Kinderkrankheiten, denn die hatten früher fast alle Kinder. Heute gibt es ja Fälle, wo sogar die Geimpften erkranken. Ich habe als Kind alle Impfungen bekommen und ich habe alle Kinderkrankheiten überstanden.

Familie Jurišić (v.l.n.r. Teodora, Nada, Filip und Dušan) (FOTO: KOSMO)

Bekommen Ihre Kinder noch weitere Impfungen?
Ich habe Angst vor der MMR-Impfung, denn ich habe viel über die negativen Folgen gelesen, vor allem über Autismus. Allerdings ist Teodora jetzt schon größer und wir überlegen, ihr diese Impfung vor Schulbeginn zu geben. Filip ist bisher nicht geimpft, und er wird nur die Impfungen bekommen, die er wirklich braucht. Das werden wir noch mit dem Arzt besprechen. Wie gesagt lehnen wir nicht alle Impfungen absolut ab, sondern wir entscheiden im Gespräch mit dem Arzt, welche unsere Kinder unbedingt brauchen.

„Wir lehnen nicht absolut alle Impfungen ab, sondern entscheiden im Gespräch mit dem Arzt, welche für unser Kind wichtig sind. Unser Kinderarzt ist nicht aggressiv und darum vertrauen wir ihm.“

In das Gespräch schaltete sich auch Dušan Birčanin ein, Nadas Ehemann:
„Ich werde nie die Ärztin vergessen, die uns grob mitteilte, dass unser Kind sterben könnte, wenn es keine Impfung gegen Keuchhusten bekäme. Sie verhielt sich uns gegenüber arrogant und wir mussten ihr antworten: ‘Liebe Frau Doktor, Sie sprechen gerade mit einem Verstorbenen, der hier herumläuft. Ich habe keine einzige Impfung bekommen, aber ich bin gesund und munter.‘ Und ich hatte wirklich alle Kinderkrankheiten. Meine Mutter hat mich sogar extra mit erkrankten Kindern zusammengebracht, damit ich die Krankheiten schon als kleines Kind bekam“, erzählt uns Dušan.

Auf der nächsten Seite geht´s weiter…

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.