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Spanien und Portugal

„Atmosphärisches Phänomen“: Ursachensuche nach Mega-Blackout (VIDEOS)

Eine Frau kauft Wasserflaschen in einem Supermarkt, während ein Stromausfall Spanien und Portugal trifft.
FOTO: EPA-EFE/ANDREU ESTEBAN

Chaos auf der iberischen Halbinsel: Ein massiver Stromausfall legt Spanien und Portugal lahm. Tausende sitzen in Zügen fest, während Metropolen im Dunkeln versinken.

Die Situation nach dem großflächigen Stromausfall auf der iberischen Halbinsel entspannt sich nur zögerlich. Am Montag waren weite Teile Spaniens und Portugals von einem massiven Blackout betroffen, der das Festland lahmlegte. Die Infrastruktur kam weitgehend zum Erliegen, wie der Schienennetzbetreiber ADIF auf der Plattform X mitteilte – der Zugverkehr musste im gesamten Netz eingestellt werden.

Zwischen 30.000 und 35.000 Reisende mussten aus stehenden Zügen evakuiert werden, wie der Bahnbetreiber RENFE am frühen Abend bekannt gab. Selbst zehn Stunden nach Beginn des Stromausfalls saßen noch Passagiere in elf Zügen fest. Verkehrsminister Oscar Puente erklärte, dass eine Wiederaufnahme des Mittel- und Fernverkehrs vorerst nicht absehbar sei. Einige Bahnhöfe blieben über Nacht geöffnet, um gestrandeten Reisenden eine Unterkunftsmöglichkeit zu bieten.

In den Metropolen Madrid und Barcelona herrschte Ausnahmezustand: Der U-Bahn-Betrieb wurde unterbrochen, Fahrgäste mussten durch die Tunnelsysteme ins Freie geleitet werden. Auf den Straßen stauten sich die Fahrzeuge, da auch Ampeln ausfielen.

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Die Straßenverkehrsbehörde DGT appellierte an Autofahrer, ihre Fahrzeuge stehen zu lassen. An Bushaltestellen bildeten sich lange Warteschlangen von Menschen, die nicht mehr mit der U-Bahn weiterkamen.

Der Flughafenbetreiber AENA meldete ebenfalls Störungen und aktivierte Notfallgeneratoren. Passagiere wurden gebeten, sich bei ihren Fluggesellschaften über mögliche Probleme bei der Weiterreise zu informieren.

Weitreichende Auswirkungen

Der Einzelhandel war ebenfalls stark betroffen: Viele Geschäfte und Supermärkte mussten schließen, geöffnete Filialen akzeptierten nur Bargeld. Vor Lebensmittelgeschäften bildeten sich lange Schlangen. An den wenigen Tankstellen, die dank Notstromaggregaten noch betriebsfähig waren, kam es zu chaotischen Szenen.

Auch Mobilfunknetze und Internetdienste fielen teilweise aus. Krankenhäuser konnten dank Notstromaggregaten ohne größere Probleme weiterarbeiten. Die Feuerwehr befreite landesweit in Aufzügen eingeschlossene Personen. Schwere Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Das Masters-1000-Tennisturnier in Madrid musste aufgrund des Stromausfalls unterbrochen werden.

Am Dienstagmorgen waren etwa 90 Prozent der Stromversorgung wiederhergestellt. Das Netz wurde schrittweise von Norden und Süden her wieder in Betrieb genommen, unterstützt durch Stromlieferungen aus Frankreich und Marokko. Das Baskenland hatte bereits nach etwa 90 Minuten wieder Strom, danach folgten weitere nördliche Regionen wie Katalonien, Aragonien, Galicien, Asturien, Navarra und Kastilien.

Laut Red Electrica war am Nachmittag auch in westlichen Landesteilen die Stromversorgung wiederhergestellt. Selbst in andalusischen Städten wie Sevilla kehrte teilweise wieder Strom zurück. Als in Madrid spätabends die ersten Lichter wieder angingen, brach spontaner Jubel aus – in den Straßen, aus Fenstern und von Balkonen waren Freudenrufe wie „Vivaaa!“ zu hören, andere stimmten „Y Viva Espana“ an.

Ursache ungeklärt

Auch Portugal war von einem landesweiten Blackout betroffen, wie der Sender RTP berichtete. Im Zentrum von Lissabon funktionierte die Stromversorgung am Abend wieder.

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Die vollständige Normalisierung des Netzes könnte jedoch bis zu einer Woche in Anspruch nehmen. Im Pyrenäen-Kleinstaat Andorra dauerte der Stromausfall laut dem Energieversorger FEDA nur wenige Sekunden. Auch Teile Frankreichs waren vorübergehend betroffen.

Die Ursache des Blackouts bleibt weiterhin ungeklärt. Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez mahnte zur Zurückhaltung: „Wir haben keine schlüssigen Informationen über die Gründe für diese Unterbrechung, daher bitte ich die Öffentlichkeit, sich über offizielle Kanäle zu informieren und nicht zu spekulieren.“ Die nationale Cybersicherheitsbehörde INCIBE untersucht laut der Zeitung „El Pais“ einen möglichen Hackerangriff.

EU-Ratspräsident Antonio Costa erklärte jedoch, es gebe keine Hinweise auf einen Cyberangriff – eine Einschätzung, die auch von portugiesischer Seite geteilt wurde. Die portugiesische Stromgesellschaft REN vermutete zunächst einen Brand im Südwesten Frankreichs, der eine Hochspannungsleitung zwischen Perpignan und Narbonne beschädigt haben könnte. Später sprach REN von einem „seltenen atmosphärischen Phänomen“ im Zusammenhang mit extremen Temperaturschwankungen im spanischen Landesinneren als mögliche Ursache.

REN-Vorstandsmitglied Joao Conceicao räumte ein, der Ausfall könne „tausend und eine Ursache haben“. Sanchez rief die Bevölkerung auf, Reisen auf ein Minimum zu beschränken und in diesen „kritischen Stunden“ verantwortungsvoll mit Mobiltelefonen umzugehen – nur kurze Anrufe zu tätigen und die Notrufnummer nur bei tatsächlichem Bedarf zu wählen. Das Innenministerium ermächtigte die Regionen am Abend, den Notstand auszurufen. Madrid, Andalusien und Extremadura haben bereits um Unterstützung durch die Zentralregierung gebeten.

Das Ministerium ordnete zudem den Einsatz von 30.000 Polizisten an.

Nach den neuesten Informationen haben sowohl der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica als auch sein portugiesisches Pendant REN intensiv an der Wiederherstellung der Stromversorgung gearbeitet. In Spanien sind inzwischen etwa 82,4 Prozent und in Portugal sogar 95 Prozent der Stromversorgung wiederhergestellt.

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