Die Bundesparteivorsitzende der NEOS sprach mit KOSMO kurz vor der Nationalratswahl 2024 über einfache und echte Lösungen, die Notwendigkeit eines Kassasturzes und steuerlicher Entlastung.
Wie würden Sie Ihre Oppositionsarbeit in den letzten fünf Jahren bewerten? Was waren die größten Erfolge, und gibt es Entscheidungen, die Sie im Nachhinein anders getroffen hätten?
Einer der größten Erfolge war bestimmt, dass auf unseren jahrelangen Druck hin die Kalte Progression – zumindest teilweise, wir hätten eine volle Streichung gefordert – abgeschafft wurde. Auch die Tatsache, dass es nun ein Informationsfreiheitsgesetz geben wird, ist auf unser Drängen hin passiert – wiewohl wir uns auch hier mehr Mut und Transparenz gewünscht hätten, denn kleine Gemeinden sind weiterhin ausgeschlossen.
Sie betonen oft, dass NEOS die Reformpartei Österreichs ist. Welche konkreten Reformen halten Sie für die dringendsten?
Es muss wieder möglich sein, sich aus eigener Kraft etwas aufzubauen. Daher halten wir einen echten Kassasturz für dringend notwendig, damit wir budgetären Spielraum schaffen, nicht nur für wichtige Zukunftsinvestitionen, sondern auch für steuerliche Entlastung. Unser Ziel ist eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer auf unter 40 Prozent für 10 Prozent mehr Netto vom Brutto.
Es muss möglich sein, sich aus eigener Kraft etwas aufzubauen.
Ihre Partei steht für Transparenz und Korruptionsbekämpfung. Welche Maßnahmen würden Sie umsetzen, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wiederherzustellen?
Wir NEOS fordern bereits seit langem die Halbierung der im internationalen Vergleich überaus üppigen Parteienförderung, volle Transparenz der Ausgaben der Ministerien, die Politikerhaftung und einen verbindlichen Vorschlag eines unabhängigen Besetzungsgremiums für die wichtigsten Posten dieser Republik.
Wie wollen Sie das Bildungssystem reformieren, um Chancengleichheit zu fördern und insbesondere jungen Menschen mit Migrationshintergrund bessere Zukunftsperspektiven zu bieten?
Rasch umzusetzen ist eine Chancenbonus-Finanzierung für Schulen in sozial-benachteiligter Lage, damit für größere Herausforderungen auch größere Ressourcen und mehr Unterstützungsmöglichkeiten bereitstehen. Ebenfalls rasch anzugehen ist ein Entlastungspaket für die Pädagog:innen, mit mehr Unterstützungspersonal und weniger Bürokratie. Ganz zentral sehen wir die nächste Budgetverhandlung. Hier braucht es einen echten Push für den Kindergarten als erster Bildungsstätte.
Sie betonen oft, dass der Staat sparen muss. Bedeutet das weniger Leistungen für die Menschen?
Nein. Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Das bedeutet, dass viel Geld in oft sehr ineffiziente Systeme gebuttert wird, ohne diese Systeme tiefgreifend zu reformieren, um sie so günstiger, aber deshalb nicht schlechter für die Menschen zu machen. Unser Bildungssystem ist beispielsweise eines der teuersten in Europa – aber trotzdem nicht eines der besten, wenn wir uns anschauen, wie Österreich etwa beim PISA-Test abschneidet. Und dennoch müssen Eltern privat Nachhilfe zahlen. Das wollen wir als einzige, unverbrauchte Reformkraft ändern.
Ehrlich sein und den Bürger:innen das Gefühl geben, dass die Politik für sie und nicht für sich selbst
arbeitet.
Sie wollen als liberale Partei dem wachsenden Einfluss populistischer Strömungen entgegenwirken. Wie planen Sie, dies zu erreichen?
Ich denke, man muss ehrlich zu den Bürger:innen sein und ihnen das Gefühl geben, dass die Politik für sie und nicht für sich selbst arbeitet – für die beste und nicht die scheinbar einfachste, populistischste Lösung. Wir müssen das Vertrauen wieder aufbauen, das in den letzten Jahren stark gelitten hat. Ja, es wird nicht immer leicht sein, sich aus Krisenjahren rauszuarbeiten – da muss jede und jeder mithelfen. Aber gemeinsam kriegen wir das wieder hin.
Wären Sie bereit, eine Koalition mit Herbert Kickl einzugehen?
Ganz klares Nein.
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