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INTERVIEW

Darko Ignjatović: „Blues ist stärker als Rock”

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(FOTO: Igor Ripak)

Darko Ignjatović (33) ist nicht nur ein vollendeter Bluesmusiker, sondern auch ein hervorragender Kenner der ganzen Geschichte und des ethnologischen Hintergrunds dieser Musikrichtung. Der geborene Nišer, Soziologe und Mitglied der Band „The Sons“ verrät im Interview mit KOSMO, dass der Blues nicht nur eine gute musikalische Technik erfordert, sondern vor allem Gefühl und Empathie.

KOSMO: Wann hast du angefangen, dich mit Musik zu beschäftigen?
Darko Ignjatović: Schon in der Grundschule habe ich angefangen, Musik zu machen. Ich war Mitglied unserer Schulband. Mein erstes Engagement hatte ich schon in der achten Klasse. Außerdem komme ich aus einer Familie, wo fast alle Musik machen. Mein Vater hat Gitarre gespielt, mein Bruder sogar beruflich, sodass die Gitarre und auch andere Instrumente in unserem Haus immer dabei waren. Schon allein deswegen bin ich ganz natürlich zur Musik gekommen. Sehr interessant ist auch, dass mich niemand von ihnen jemals gedrängt hat, Gitarre zu spielen, sondern ich habe das von selbst gemacht. Natürlich hat mir mein Bruder einiges gezeigt und mir am Anfang Unterricht gegeben, aber vor allem habe ich durch das Zuhören gelernt und Bücher darüber gelesen. Ich glaube, dass das so auch besser ist, denn es ist natürlich gut, in eine Musikschule zu gehen und einen richtigen Lehrer zu haben, aber wenn damit ein Muss verbunden ist, dann ist es bald nicht mehr lustig.

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Jelena Krstić YELL (35) ist Sängerin und Professorin für Gesang. Sie ist im serbischen Kovin geboren und stammt aus einer Musikerfamilie. In Österreich lebt sie bereits seit 17 Jahren, hat an der Universität in Graz Sologesang und Musiktheorie und später am Musikkonservatorium in Wien klassischen, Jazz- und Popgesang studiert. Beim österreichischen Musikwettbewerb „THE VOICE“ errang sie 2005 den ersten Platz.

Wie und wann wurde deine Band „The Sons“ gegründet und was ist das Besondere an ihr?
Ich hatte schon zu Beginn meines Soziologiestudiums zwei Blues-Bands, aber aus Zeitmangel hörte das auf. 2013 habe ich entschieden, intensiver zu spielen, denn mir fehlte der Blues, und dann habe ich in Niš mit zwei Freunden „The Sons“ gegründet. Die Idee war, ein Trio zu machen, eine kleine, aber energische Band, und alles zu spielen, was uns innerhalb der Blues-Domäne in den Sinn kommen würde. Unsere Basis war ein roher Blues-Sound, aber dem haben wir unsere Lieder hinzugefügt und sind so zu einer Set-List von etwa 25 Titeln gekommen, die eine Mischung aus Blues und anderen Musikrichtungen darstellen. Als ich nach Wien gekommen bin, haben wir uns geeinigt, dass ich den Bandnamen beibehalte, aber mit neuen Leuten weitermache. Ich hatte das Glück, zwei Brüder aus Ägypten kennenzulernen und mit ihnen an einem ähnlichen Konzept weiterzuarbeiten. Was uns heute auszeichnet, ist das, dass wir alle drei singen und dementsprechend für jeden von uns Lieder aufgrund unserer persönlichen Sensibilität auswählen. Das ist interessant für uns und für das Publikum.

Was ist dein Plan für die Band „The Sons“?
Wie die meisten Bands haben wir immer einen Rahmenplan, aber dieser Plan ist sehr flexibel und entwickelt sich spontan. Im letzten Jahr hatten wir mehrere Proben wöchentlich, bis wir eine Liste von etwa 25 Liedern zusammenhatten. Dann haben wir uns einmal im Monat getroffen. Jetzt, wo wir uns alle gut kennen, können wir auch unbekannte Nummern problemlos spielen. Im vergangenen Juli hat es angefangen, dass wir verschiedene Angebote für Auftritte bei Feiern, in Clubs usw. bekommen haben. Derzeit haben wir keine Visitenkarten. Auf Facebook sind wir ein bisschen aktiv geworden, aber auch diese Werbung und das Networking tun das Ihre. Unser nächster Plan ist, dass wir eine kreative Set-List machen und das wir eigene Kompositionen aufnehmen, von denen alleine ich schon genügend habe für zwei Alben.

Wo können die Bluesfreunde euch hören?
Im Moment haben wir keinen festen Ort, an dem wir spielen, aber gerade hat sich eine Tradition entwickelt, dass wir im “Café Zeit” im 8. Bezirk spielen. Das ist derzeit unser regelmäßigster Ort, weil die Gäste und das Personal dort phänomenal sind und eine sehr gute Atmosphäre erzeugen. Wir haben auch begonnen, auf dem Soziologiefest zu spielen, das jedes Jahr stattfindet.

(FOTO: Igor Ripak)

Warum gerade Blues?
In der Mittelschule habe ich, wie die meisten, Hard Rock gespielt, sogar auch Heavy Metal. Das war klar, denn in diesem Alter will man laut und mächtig klingen. Aber bevor ich mich an der Fakultät eingeschrieben habe, bin ich im Fernsehen zufällig auf ein Konzert von Stevie Ray Vaughan gestoßen, einem großartigen Blueser und Gitarristen, und da habe ich begriffen, dass man keinen Heavy Metal spielen muss, um hart und mächtig zu sein. Da ich Soziologie studiere, hat es mich interessiert, wie der Blues entstanden ist, darum habe ich viel über die Sklavenhalterkultur und die Entstehung des Blues auf den amerikanischen Baumwollfeldern gelesen. Das war für mich eine sehr interessante Welt, die in meinem Leben bis heute aus einem einzigen Grund aktuell geblieben ist: In allen anderen Genres ist eine gute musikalische Technik das Wichtigste und die Gefühle dahinter sind weniger wichtig, denn man muss sich an die Konstruktion des Liedes halten. Beim Blues ist die Technik natürlich auch wichtig, aber am wichtigsten ist der persönliche Ausdruck und das Gefühl, wie ein Lied zu spielen ist. Beim Blues hat man das entweder oder man hat es nicht, das kann man nicht lernen. Und wenn jemand das kann, dann ist der Energieaustausch mit dem Publikum viel intensiver und allein dadurch klingt die Musik viel mächtiger als beim Rock.

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