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Beispiel für Humanität

Jurist mit Herz im Kampf gegen die MA35

(FOTO: KOSMO)

Diese Geschichte begann mit dem langen Warten einer Familie auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung. Als alles zu kompliziert wurde, schaltete sich ein wohlwollender Mensch ein, der sich entschlossen hatte, auf dem Wege der Gesetzesparagraphen zu helfen. Gewonnen hat die menschliche Güte!

Nach zweieinhalbjährigem Warten auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltsdokumente hat der Fall von Irena Glavaš (39) und ihren Söhnen Andrej (14) und Jakov (17 Monate) dieser Tage vor Gericht einen glücklichen Ausgang genommen. Allerdings kam es nicht zur Verlängerung der alten, sondern zur Erteilung neuer Aufenthaltsbewilligungen, aber das Wichtigste ist, dass die Familie aus Brčko in Österreich bleiben darf. Ihr enormes Glück verdankt Sie Mag. iur. Haris Džidić, der für sie auf Empfehlung des Magazins KOSMO kostenlos Beschwerde bei der Magistratsabteilung 35 einlegte und seine humanitäre Mission dann fortsetzte und die Familie ganz ohne Gegenleistung ein volles Jahr lang vor Gericht vertrat.

Irenas schwere Geschichte:

Irena Glavaš hat 2013 in Brčko einen jungen Mann kennengelernt, der ihr auf den ersten Blick gefiel. Die Zuneigung war gegenseitig und die beiden gingen eine Beziehung ein. Das einzige, was die junge Frau, Mutter des kleinen Andrej, störte, war, dass ihr Auserwählter in Wien lebte und sie ihn nicht so oft sehen konnte, wie sie gerne wollte.

„Unsere Beziehung war schön; ich dachte, ich hätte in diesem Leben eine verwandte Seele gefunden. Als er mich einlud, packte ich 2014 meine Sachen und zog mit meinem Kind nach Österreich, wo unser gemeinsames Leben begann“, so Irena.

,,Alles lief sehr gut und darum nahm ich auch seinen Antrag an, ihn in Bosnien-Herzegowina zu heiraten. Da mein Ehemann EU-Bürger war, erhielt ich ein Aufenthaltsvisum und eine Arbeitserlaubnis auf fünf Jahre und begann sofort zu arbeiten. Mein Kind ging in die Vorschule”, so der Beginn des märchenhaften Teils der Geschichte.

Leider stellte Irena bald fest, dass ihr Mann seine Neigung zum Alkohol immer schwerer unter Kontrolle halten konnte. Aber sie hoffte, dass die Liebe stärker sein würde als das Laster.

„Bald sah ich, dass mein Mann immer häufiger betrunken war und sehr unangenehm und gewalttätig wurde. Er schlug mich nicht, aber er schubste mich, riss mich an den Haaren, fluchte und drohte. Einmal brach er mir einen Finger. Meinen kleinen Sohn beleidigte er und manchmal warf er uns beide nachts aus der Wohnung und wir übernachteten bei seiner Schwester. Beim ersten Mal hatte ich wirklich Angst, als er mich in der Nacht irgendwo im bosnischen Nirgendwo ohne Geld und Dokumente aussetzte. Als er meine Toleranzgrenze einmal überschritt, zeigte ich ihn bei der Polizei an. Er erhielt ein Annäherungsverbot für mich und mein Kind. Ich fühlte mich sicher, denn ich wusste, dass ich in einem Rechtsstaat wie Österreich gesetzlich geschützt war. Das war im April und im Juni fuhr er nach Bosnien und reichte die Scheidung ein”, erzählt Irena Glavaš weiter.

Unsere Gesprächspartnerin wollte ihrer Ehe eine zweite Chance geben, denn sie war der Liebe wegen sogar ins Ausland gezogen. Aber als sie sah, dass ihr Mann die Scheidung wirklich wollte, engagierte sie in Bosnien einen Anwalt.

Nach allem, was Irena durchgemacht
hat, stellte sie fest, dass ihr Sohn Andrej
an Oberkieferkrebs erkrankt war (FOTO: KOSMO)

„Ich erklärte ihm, dass mein Mann in Wien wegen häuslicher Gewalt ein Annäherungsverbot gegen mich hatte, aber der Anwalt überzeugte mich davon, dass das in Bosnien nicht galt. Um den Prozess nicht in die Länge zu ziehen, stimmte ich einer einvernehmlichen Scheidung zu, was ein großer Fehler war, der mich später teuer zu stehen kam. Als mein Mann die Scheidung einreichte, waren seit unserer Hochzeit zweieinhalb Jahre vergangen, und als der Prozess zu Ende war, waren es drei. Ich habe in dieser ganzen Zeit gearbeitet, ohne einen einzigen Tag Krankenstand oder irgendeine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Ich hatte auch meine Vorgesetzten über meine eheliche Situation, über die Scheidung informiert“, so Irena.

,,Niemand sagte mir, dass ich irgendetwas Zusätzliches un­ternehmen musste oder dass sich dadurch mein Aufenthaltsstatus in Österreich verändern würde. Es gab überhaupt keinen Hinweis darauf, dass ich in Schwierigkeiten kommen würde”, sagt Irena.

In der Zwischenzeit kam die junge Frau ihrem Nachbarn aus Brčko näher. Ihre Beziehung entwickelte sich gut und Irena entschied sich für eine neue Ehe. Ihr Ehemann arbeitet in Kroatien, aber die Entfernung stand ihrem Glück nicht im Weg.

„Im Mai 2020 reichte ich bei der MA 35 meine und Andrejs Papiere für die Verlängerung unseres Visums ein. Leider musste ich sehr lange warten und ein Jahr nach der Einreichung der Dokumente kam mein kleiner Sohn Jakov zur Welt. Sofort habe ich zu dem laufenden Antrag auch seine Visumspapiere nachgereicht. Ich hatte bis kurz vor der Geburt weitergearbeitet und alles war gut, denn Andrej und ich konnten gut leben. Aber nach der Geburt wurde alles anders. Da wir kein Visum hatten, bekamen die Kinder keine Familienbeihilfe und ich kein Kinderbetreuungsgeld. Wir verloren auch unsere Krankenversicherung, was eine Tragödie war. Ich war gezwungen, eine private Versicherung zu zahlen. Mein Mann arbeitete in Kroatien Tag und Nacht, um möglichst viel Geld zu verdienen und unsere Kinder zu ernähren“, berichtet die zweifache Mutter über ihr persönliches Golgota.

Bekannte rieten Irena, sich einen Anwalt zu engagieren, aber sie konnte kaum die Milch und die Windeln für das Baby und für Andrej das Notwendigste zum Überleben leisten. Zum Glück bat das Magazin KOSMO nach einem Gespräch mit ihr den Juristen Mag. Haris Džidić, bei der MA 35 eine Beschwerde einzulegen, um den Prozess zu beschleunigen, was er auch unentgeltlich tat.

Mag. Haris Džidić, Redakteurin Vera Marjanović und Irena mit ihren Söhnen Andrej und Jakov
(FOTO: KOSMO)

„Ich schöpfte neue Hoffnung und das brauchte ich auch dringend, denn ich war schon völlig fertig, verzweifelt und hilflos. Leider zeigte sich jedoch noch keine Lösung. Sie schien mir sogar in immer weitere Ferne zu rücken, denn ein Paragraphendschungel erstreckte sich vor meiner Familie. Mein Sohn Andrej hatte in der Schule Unterstützung und die Lehrerinnen riefen die MA 35 an und appellierten, seiner Familie ein Visum auszustellen. Das alles konnte ich bis zu dem Moment ertragen, in dem Andrej krank wurde. Er begann sich zu beklagen, dass irgendetwas mit einem Zahn im Oberkiefer nicht stimmte, jedoch entschied ich, ihn in den kommenden Ferien in Bosnien zu einem Zahnarzt zu bringen. So kam es auch, aber dort erlebten wir einen Schock. Die Diagnose war ein Karzinom im Oberkiefer. Ich brachte ihn nach Belgrad, wo er zweimal operiert wurde, und zum Glück zeigte die Biopsie, dass keine Krebszellen vorhanden waren. Es war eine Zyste, die in seinem Oberkiefer ein Chaos anrichtete, und mein Kind lebt heute wieder normal. Mein Mann nahm in der Firma einen Kredit auf, um die Operationen und alle sonstigen Kosten zu begleichen, und auch unsere Freunde und Nachbarn halfen uns. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens, aber ich bin froh, dass Andrejs Zähne gerettet werden konnten und dass er noch am Leben ist”, erzählt uns Irena unter Tränen.

Den Sieg in dem komplizierten Gerichtsverfahren trug Mag. Haris Džidić davon, der die Familie auch weiterhin vollständig kostenlos vertrat.

,Dieser humane Mensch begriff die Schwere der Situation und investierte in den Fall viel Zeit und Kompetenz, wofür ihm Irena Glavaš unendlich dankbar ist.

,,Wenn Herr Haris und sein Einsatz für uns nicht gewesen wären, hätte ich nach BuH zurückkehren müssen, wo nichts mehr auf uns wartete. Die Zukunft meiner Kinder war komplett ungewiss. Ich hätte mir keinen Rechtsbeistand leisten können in dieser Zeit, in der ich nicht einmal das Notwendigste für meine Kinder hatte. Darum werde ich dem Magazin KOSMO bis ans Ende meiner Tage dankbar sein, weil es mich Herrn Haris ans Herz gelegt hat, und Herrn Haris, weil er eine unwahrscheinliche Menschlichkeit gezeigt hat”, betont Irena, die endlich aufatmen kann.

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