Vier Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie wirft die Krise noch immer politische Schatten. Bei der Wien-Wahl wurde das Krisenmanagement für viele zum entscheidenden Stimmfaktor.
Die Wien-Wahl am Sonntag dürfte trotz spürbarer Verluste weiterhin einen SPÖ-Bürgermeister hervorbringen, während die FPÖ deutliche Zugewinne verbuchen konnte. Eine Fortführung der bisherigen rot-pinken Koalition erscheint jedoch rechnerisch nicht mehr möglich. Die 2020 während der Corona-Pandemie gebildete Regierungsallianz entstand in einer Zeit, die von einschneidenden Maßnahmen wie Lockdowns, Maskenpflicht, verstärkten Polizeikontrollen sowie später von Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte und strengen Regelungen in der Gastronomie geprägt war. In diese Periode fielen auch die Einführung der ersten Test- und Impfstrategien.
Mit dem Wegfall der Meldepflicht und dem Ende sämtlicher Corona-Maßnahmen Mitte 2023 wird die Erkrankung inzwischen als reguläre Infektionskrankheit eingestuft. Eine von Puls 24, ATV und der Peter Hajek Public Opinion Strategies GmbH durchgeführte Erhebung mit 1.200 Befragten belegt, dass das Pandemiemanagement der Wiener Stadtregierung am Wahltag nach wie vor polarisiert. Für zehn Prozent der Teilnehmer hatte die Corona-Politik einen „sehr starken“ Einfluss auf ihre Wahlentscheidung, für 16 Prozent einen „eher starken“ und für weitere 15 Prozent zumindest einen „geringen“ Einfluss.
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Corona als Wahlmotiv
Besonders ausgeprägt zeigt sich dieser Effekt bei FPÖ-Anhängern, die die Wahl offenkundig zur Abrechnung mit der Regierungspolitik nutzten: 62 Prozent machten ihre Stimmabgabe vom Corona-Thema abhängig (27 Prozent „sehr stark“, 19 Prozent „eher stark“, 16 Prozent „weniger stark“), während nur 35 Prozent angaben, davon unbeeinflusst geblieben zu sein. Auch bei Wählern anderer Parteien spielte das Thema eine Rolle, wenn auch weniger ausgeprägt.
Bei SPÖ-Wählern lag der Anteil bei 40 Prozent, bei Grün-Wählern bei 39 Prozent, bei NEOS-Anhängern bei 37 Prozent, bei ÖVP-Wählern bei 24 Prozent und bei KPÖ- sowie Links-Wählern ebenfalls bei 24 Prozent.
Dass Wien im bundesweiten Vergleich teilweise strengere und länger anhaltende Maßnahmen verhängte, etwa ein verlängertes Maskenmandat in öffentlichen Innenräumen und Ausreisetests aus betroffenen Bezirken, sorgte auch nach dem Ende der Pandemie für anhaltende Diskussionen.
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Studien des SORA-Instituts und der Universität Wien zeigen, dass dieses restriktivere Vorgehen das Vertrauen in die Stadtregierung zwar bei traditionellen SPÖ-Wählern festigte, aber insbesondere bei FPÖ-nahen Gruppen zu einer nachhaltigen Entfremdung führte und coronaskeptische Milieus mobilisierte.
Sicherheitsgefühl entscheidet
Die Sicherheitslage in Wien erwies sich als weiterer relevanter Faktor für das Wahlverhalten. 21 Prozent der Wähler bewerteten die Bundeshauptstadt als „sehr sicher“, 37 Prozent als „eher sicher“, während 23 Prozent sie als „eher unsicher“ und 16 Prozent sogar als „sehr unsicher“ einstuften. Dabei fällt auf, dass FPÖ-Wähler die Sicherheitssituation deutlich negativer beurteilten als Anhänger anderer Parteien.
Im Gegensatz dazu äußerten Grün-Wähler das größte Sicherheitsempfinden, gefolgt von SPÖ-Anhängern sowie Wählern der KPÖ und linker Gruppierungen.
Die auf Sicherheitsthemen fokussierte Wahlkampagne des Wiener ÖVP-Chefs Karl Mahrer scheint nicht die gesamte Wählerschaft der Volkspartei angesprochen zu haben, da ein größerer Teil der ÖVP-Wähler Wien durchaus als sicheren Ort wahrnimmt.
Auch NEOS-Wähler betrachten die Bundeshauptstadt mehrheitlich als sicheres Terrain.
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