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Abschied

Halid Beslic: „Lieber als guter Mensch als als guter Sänger in Erinnerung bleiben!“

Halid Beslic
FOTO: zVg.

Die Musikwelt trauert um eine Legende: Halid Beslic, der mit seiner Stimme Generationen verzauberte, ist nach kurzer Krankheit verstorben.

Halid Beslic ist im Alter von 72 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Der Ausnahmekünstler, einer der beliebtesten Sänger im gesamten Raum des ehemaligen Jugoslawien, hinterlässt neben seinem musikalischen Erbe seine Ehefrau Sejda, Sohn Dino, mehrere Enkelkinder und eine trauernde Fangemeinde. Geboren am 20. November 1953 im bosnischen Dorf Knezina bei Sokolac, verbrachte er sein Leben in Sarajevo, wo er nun auch in der Universitätsklinik seine letzten Tage verbrachte.

Die Liebe zur Musik wurde ihm in die Wiege gelegt – sein musikalisches Talent erbte er von der Familie seiner Mutter. Bereits als Junge begeisterte er Verwandte, Freunde und Nachbarn mit seinem Gesang. Seine Onkel und Cousins, allesamt begabt im Umgang mit Volksinstrumenten, prägten ihn früh und weckten seine Leidenschaft für die Musik, die bei Familienfesten regelmäßig zum Ausdruck kam.

In der Schule zeigte sich Beslic zunächst als Musterschüler. Bis zur sechsten Klasse glänzte er mit ausgezeichneten Noten, wie er später selbst einräumte, wurde er danach „ein bisschen verdorben“. In der siebten Klasse schloss er mit „sehr gut“ ab, in der achten nur noch mit „gut“. Seine Ambitionen, eine technische Bauschule zu besuchen, scheiterten an den unzureichenden Noten der letzten Grundschuljahre.

Stattdessen begann er in Sarajevo eine Tischlerlehre, fand nach deren Abschluss Arbeit und absolvierte später sogar eine höhere Ausbildung zum Vorarbeiter – ein Detail, das er in Interviews selten erwähnte. „Ich war nie Vorarbeiter, sondern nur Tischler“, betonte er bescheiden. Parallel zu seiner Arbeit im Bauwesen sang er in seiner Freizeit und trat dem Kulturverein „Zijo Dizdarevic“ bei, wo er gelegentlich tanzte und sang.

An eine professionelle Musikkarriere war zunächst nicht zu denken – in seiner Familie galt dieser Beruf als unseriös und wenig ehrenhaft. Die Wende kam während seines Militärdienstes, als er im Militärorchester sang. Die positiven Reaktionen und das tägliche Lob bestärkten ihn, die Musik zu seinem Hauptberuf zu machen.

⇢ Musiklegende Halid Beslic ist gestorben!

Nach seiner Rückkehr aus dem Militärdienst besuchte er seine Eltern in Sokolac. Bei einem Zwischenstopp in einem Lokal bat ihn der Wirt spontan zu singen. Die Begeisterung der Gäste und des Besitzers war so groß, dass ihm sofort ein Engagement angeboten wurde. Beslic sagte zu – der Beginn einer beeindruckenden Karriere, die ihn vom Kaffeehaussänger zum regionalen Star machen sollte.

Musikalischer Durchbruch

Der junge Künstler machte sich rasch einen Namen in den Kaffeehäusern Sarajevos. Die Lokale, in denen er auftrat, erfreuten sich wachsender Beliebtheit, und bald erhielt er Einladungen, auch in der Hauptstadt zu singen. Nach fünf Jahren des Musizierens mit verschiedenen Orchestern wagte er 1979 den Schritt ins Tonstudio und veröffentlichte seine erste Single mit den Liedern „Gresnica“ und „Ne budi mi nadu“.

Größere Bekanntheit erlangte er zwei Jahre später mit „Sijedi starac“ und „Zasto je moralo tako da bude“. Der endgültige Durchbruch gelang ihm 1984 mit dem Album „Dijamanti“, das ihn bei Volksmusikliebhabern im gesamten damaligen Jugoslawien bekannt machte. In der produktiven Phase zwischen 1985 und 1991 veröffentlichte er acht weitere Alben.

Den Zerfall Jugoslawiens und den Krieg erlebte Beslic in Deutschland. Dennoch entschied er sich für die Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina, um seinen Landsleuten beizustehen. Obwohl er ungern darüber sprach, organisierte er Hunderte von Benefizkonzerten, um humanitäre Hilfe für die vom Krieg betroffenen Gebiete zu sammeln.

Eine neue Generation von Fans gewann Beslic Anfang der 2000er Jahre mit dem Album „Prvi poljubac“. Der gleichnamige Titelsong entwickelte sich in kürzester Zeit zum Publikumsliebling – nicht nur in der Region, sondern weltweit. Vier Jahre später erschien sein 17. Album mit Hits wie „Cardak“, „Miljacka“ und „Dvadesete“.

Obwohl diese Lieder einen neuen Pop-Einfluss in seine Musik brachten, wurden sie rasch zu Klassikern. 2010 veröffentlichte er die CD „Halid Beslic i prijatelji“ mit 14 Duetten, die er mit Künstlern wie Nedzad Imamovic, Haris Dzinovic, Zeljko Bebek, Kemal Monteno, Saban Burhan und Dona Ares aufgenommen hatte.

Musikalisches Vermächtnis

Nach dreijähriger Pause erfreute er 2013 sein Publikum mit dem Album „Romanija“. Den Titelsong widmete er seiner Heimatregion – ein Lied, das nicht nur bei Menschen aus Romanija Anklang fand, sondern auch bei jenen, die diese Gegend nie besucht hatten. Auf dieser CD waren auch Erfolge wie „Kad zaigra srce od meraka“, „Lavanda“ und „Sevdah da se dogodi“ zu finden.

Beslic gilt als einer der bedeutendsten Volksmusiker Bosnien-Herzegowinas. Seine ausverkauften Konzerte in Belgrad, Sarajevo, Zagreb sowie zahlreichen Städten in Amerika, Kanada, Europa und Australien zeugen von seiner enormen Popularität. Für sein künstlerisches Schaffen erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Seine erste Langspielplatte veröffentlichte Beslic 1981. Neben bereits bekannten Liedern enthielt sie auch neue Titel wie „Sanjam majku, sanjam staru kucu“, „Dani ljubavi“ und „Jednoj zeni ne dam zivot cijeli“. Im Folgejahr erschienen die von Hasan Dudic und Novica Kostic geschriebene „Pjesma samo o njoj“ sowie „Domovino, u srcu te nosimo“ von Enver Sadinlija und Nedzad Esadovic als Single.

Ebenfalls 1982 kam sein zweites Studioalbum mit Liedern wie „Ta je zena varala me“, „Do ljubavi tvoje mi je stalo“ und „Uspomeno, uspomeno“ auf den Markt. Den endgültigen Durchbruch brachte das 1984 vom Label „Diskoton“ veröffentlichte Album „Dijamanti“. Der Titelsong „Necu, necu dijamante“, komponiert und arrangiert von Nazif Gljiva, Sadeta Ramovic und Dragan Stojkovic Bosanac, machte ihn im gesamten damaligen Jugoslawien bekannt.

Auf dieser Platte fanden sich auch Erfolge wie „Budi, budi uvek srecna“, „Tri ruze“ und „Imala je plavu kosu“, das beim Publikum als „Sjecam se“ bekannt wurde. Es folgten Einladungen zu Auftritten in allen größeren Städten Jugoslawiens, und der bis dahin vorwiegend in Sarajevo und Bosnien-Herzegowina bekannte Sänger wurde zum gesamtjugoslawischen Star.

Mit dem Ensemble von Dragan Stojkovic Bosanac nahm er 1985 die Platte „Zbogom noci, zbogom zore“ auf, die neben dem Titelsong auch Hits wie „Hir mladosti“ und „Zbogom najdraze zene“ sowie vier Bonustitel enthielt. Nach den Singles „Mujo, Halila i Vila“ und „Vracam se majci u Bosnu“ – besser bekannt als „Beogradjanka“ – veröffentlichte Beslic sein fünftes Studioalbum „Zajedno smo jaci“.

Lieder wie „Prokleta je zena ta“, „Jabuke su bile slatke“ und „Voljela me jedna Esma“ fanden rasch ihren Weg in die Herzen der Hörer. Im selben Jahr 1986 brachte das Label „Jugoton“ seine Platte „Otrov“ mit acht Titeln heraus. Neben den bereits bekannten Hits „Mujo, Halila i Vila“ und „Vracam se majci u Bosnu“ enthielt das Album auch neue Erfolge wie „Hej, lijepa zeno“, „Opijum“ und „Carobna frula“.

Bereits im Folgejahr legte Beslic mit einem neuen Album nach, das Lieder wie „Eh, kad bi ti rekla mi volim te“, „Hej zoro, ne svani“ und „U plamenu jedne vatre“ enthielt. 1988 veröffentlichte er die Platte „Mostovi tuge“ mit acht neuen Songs sowie das Live-Album „U zivo“, das die größten Hits seiner bisherigen Karriere vereinte. Zwei Jahre später erschien die Platte „Opet sam se zaljubio“ mit Titeln wie „Sarajevo, sreco moja“, „Zlatne niti“ und „Gordana“.

Es folgte eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Braco Sestan, Dusko Lukic, Edo Bilal, Sefik Kadrumovic und Perica Simonovic, die gemeinsam mit Beslics langjährigem Wegbegleiter Nazif Gljiva die Arrangements, Kompositionen und Texte für das 1991 erschienene Album „Ljiljani“ schufen. Neben dem Titelsong wurden auch die Lieder „Zadnji put sam ovdje druze“, „Oci njene“ und „Rastanak“ – letzteres von Beslic selbst komponiert – vom Publikum begeistert aufgenommen.

Sein zwölftes Studioalbum „Grade moj“ nahm Beslic 1993 mit dem Orchester „Povjetarac“ auf. Es enthielt Lieder wie „Kad tad“, „Ja se Bosni spremam“ und „Stani zoro“ sowie eine Neuinterpretation des Volksliedes „Da zna zora“. Die meisten Titel stammten aus der Feder von Sefik Kardumovic und Samir Sestan Droga.

Mit demselben Team arbeitete er auch an seinem nächsten Projekt, der in Deutschland aufgenommenen Kassette „Ne zovi me, ne trazi me“, die drei Jahre später erschien. Lieder wie „Sanjam te majko“, „Vjetrovi i oluje“ und „Sjeti me se, bistra rijeko“ prägten dieses Album. Zwei Jahre später veröffentlichte Beslic die CD „Robinja“ mit Titeln wie „Svatovi“, „Ranjen sam ti“, „Tajna“ und „Zena mog zivota“.

Den größten Erfolg erzielte jedoch „Jesen u meni“, geschrieben von Samir Fazlic, Nazif Gljiva und Zoran Kesic. Mit seinem etwas poppigeren Sound überraschte er sein Publikum, doch das Lied entwickelte sich zum Dauerbrenner in Fernseh- und Radiostationen, Diskotheken und bei seinen Konzerten. Auf der 2000 erschienenen CD „U ime ljubavi“ fanden sich Hits wie „Srce ledeno“, „Crna ruza“, „Kao nekada“ und „Ne bolujem“.

Drei Jahre später folgte die CD „Prvi poljubac“. Der gleichnamige Titelsong, zu dem auch ein Videoclip gedreht wurde, eroberte in Rekordzeit die Herzen des Publikums. Bei seinen Konzerten tauchten zunehmend auch Zuhörer auf, die bis dahin nicht mit der von ihm interpretierten Musikrichtung vertraut waren. Neben diesem Hit erfreuten sich auch „Pozuri“, „Lijepe Ciganke“ und „Stara kuca“ großer Beliebtheit.

Auf dieser CD befand sich auch das Duett „Sviraj nesto narodno“ mit Dona Ares, zu dem ein stimmungsvoller Videoclip in den Straßen Sarajevos gedreht wurde. Der von Dona verfasste Song begeisterte sowohl ihre als auch Beslics Anhänger. Die vierjährige Aufnahmepause nutzte der Künstler für ausgedehnte Konzertreisen rund um den Globus. Er war ein gern gesehener Gast in Australien, Kanada, den USA, europäischen Metropolen und den Ländern der Region.

2007 erschien sein Album „08“ mit zehn neuen Liedern, darunter „Ne trazi me“, „Budna si“ und „Nije ljubav vino“. Die größten Erfolge erzielten jedoch „Miljacka“, „Cardak“, „Dvadesete“ und „Ulica uzdaha“. Diese Titel verzeichnen auf YouTube Millionen von Aufrufen und wurden nicht nur fester Bestandteil von Beslics Konzertrepertoire, sondern auch von jungen Nachwuchskünstlern der Region gerne interpretiert.

Mit der Gruppe Legende nahm er das von Zoran Kesic und Zoran Dasic geschriebene Lied „Tamburasi“ auf, das 2010 auf dem Album „Sjaj od plamena“ erschien. Die Kombination der Stimmen von Ivan Milinkovic und Halid Beslic begeisterte das Publikum, und der dazugehörige Videoclip lief auf zahlreichen Fernsehsendern.

Sein zwanzigstes Album veröffentlichte Beslic 2013 unter dem Titel „Romanija“. Den von Mario Senkovski Dzeronimo komponierten Titelsong widmete er seiner Heimatregion. Der dazu gedrehte Videoclip präsentiert die landschaftliche Schönheit seiner Heimat. Wie der Sänger einmal sagte, seien dieses Lied und der Clip eigentlich eine Hommage an Romanija, seine Dörfer, Wälder und Bäche.

Neben dem Titelsong fanden auch „Sijede“, „Sevdah da se dogodi“, „Lavanda“ und „Kad zaigra srce od meraka“ großen Anklang. Am 22. Juni 2013 gab Beslic ein denkwürdiges Konzert im Stadion Kosevo in Sarajevo. Die Tickets waren im Handumdrehen ausverkauft, und er feierte vor seinem treuen Publikum 35 Jahre Bühnenkarriere mit einem mehr als dreistündigen Auftritt.

Er präsentierte Hits aus allen Schaffensperioden, von den 1980er Jahren bis zur Gegenwart, und begrüßte Kollegen wie Haris Dzinovic, Zeljko Joksimovic, Enes Begovic und Viki Miljkovic als Gäste. Beslic füllte weiterhin Konzerthallen in Bosnien-Herzegowina und der gesamten Region. Er war ein gern gesehener Gast in der Belgrader Arena und im Sava Zentrum, und die Zetra-Halle in Sarajevo konnte oft nicht alle Fans fassen, die ihn live erleben wollten.

Darüber hinaus unternahm er fast jährlich ausgedehnte Tourneen durch Skandinavien, Amerika und Australien. 2016 veröffentlichte er den Song „Ja bez tebe ne mogu da zivim“, den das Publikum erstmals in einer Episode der Krimiserie „Ubice mog oca“ hören konnte. Auch der Videoclip enthält zahlreiche Motive aus dieser Serie.

Mitte 2018 folgte die Single „Taman je“ mit einem aufwendig produzierten Videoclip. Text und Musik stammten von Dzeronimo, das Arrangement von Samir Kadiric. Der Song wurde auf YouTube innerhalb von sechs Monaten mehr als 15 Millionen Mal aufgerufen. Sein letztes Album „Trebjevic“ enthielt neben dem Titelsong auch Lieder wie „Neretva“, „Zbogom ostaj ljubavi“, „Da vrijeme stane“, „Hladno sunce“ und „Andjela“.

Die Texte stammten von Neno Nincevic, Mirko Senkovski Dzeronimo, Sanja Arsic, Dubravka Deric und anderen, während für die meisten Arrangements Samir Kadiric verantwortlich zeichnete.

Wie Beslic in einem seiner letzten Interviews sagte, wollte er „singen, solange er lebt“ – ein Versprechen, das er bis zuletzt einlöste.