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DIKH HE NA BISTER!

Internationaler Gedenktag an den Genozid an Sinti und Roma (GALERIE)

(FOTO: Katharina Fennesz)

2.897 Roma und Romni wurden in einer Nacht einfach umgebracht. In dieser Nacht von 2. auf den 3. August verübte das NS-Regime 1944 Genozid an den von ihnen verhassten “Zigeunern”. Nach 74 Jahren wiederholt sich diese Erinnerung am internationalen Gedenktag zu Ehren der Roma und Sinti, die im Holocaust ihr Leben lassen mussten.

Die Konsequenzen der durch die Nazis geplanten Auslöschung von über 90% der Roma und Sinti, heute leben rund 12.000 in Österreich, sind bis heute klar sicht- und spürbar unter den Überlebenden und Nachfahren dieser. Auch für die “young generation” ist das Alltag.

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Heute wird von zahlreichen Roma aus dem südbalkanischen Raum das große Frühlingsfest begangen. Es ist einer von wenigen Festtagen, welcher von muslimischen und orthodoxen Roma gleichermaßen gefeiert wird.

 

“Sehr viele von uns sind aufgewachsen mit dem Bewusstsein, dass man vorsichtig sein soll beim Umgang mit Behörden oder im Gesundheitswesen, bei Ärzten. Weil da einfach noch ein sehr hohes Misstrauen da ist, von den Eltern und Großeltern”, erklärt Samuel Mago, Mitglied des Romano Centros, Schriftsteller, Musiker und Roma-Aktivist. Auch in seiner Funktion als Berater für Roma und Romni in einem sozio-ökonomischen Unternehmen, begegnet er solchen Situationen häufig. Roma, die nicht ihren vollen Namen nennen wollen oder sonstige personenbeogene Daten oder Beratungen komplett anonymisiert besuchen möchten, sind auch Alltag. “Das kommt von dem noch heute andauernden Trauma, das bis heute besteht aus dem zweiten Weltkrieg”, so Samuel.

Ceija Stojka war eine dieser Überlebenden, die das Entsetzen am eigenen Leib spüren musste. Und sie war eine wahre Aktivistin. Bis zu ihrem Ableben versuchte sie auf das Schicksal ihres Volkes aufmerksam zu machen, dass so umfangreiche Spuren hinterlassen hatte. Durch Kunst und Jugendförderung inspirierte sie über 12.000 Schülerinnen und Schüler in ihren Workshops zur kreativen Gestalung wie Bildern und Büchern.

Als nur Eine von fünf Anderen konnte sie sich aus insgesamt drei Konzentrationslagern retten. Der Rest ihrer rund 200-köpfigen Familie wurde getötet. 500.000 Roma und Sinti wurden schätzungsweise durch das NS-Regime ausgelöscht. Nicht im Krieg verstorben sondern strategisch getötet. Um diesen Holocaust-Opfern zu gedenken, versammelten sich zum vierten Mal am Ceija-Stojka-Platz in Wien-Neubau, Angehörige, Nachfahren und Interessierte.

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Mago, der den Gedenktag in Wien mitorganisierte erläutert, “zu der sehr starken Frau Ceija Stojka,” sie hätte, “für die österreichische Roma-Community quasi Heldenstatus gehabt.” Sie machte sich auch für die Roma und Sinti stark, “die bis heute Probleme haben, sich zu dem zu bekennen, was sie sind. Sehr viele outen sich nicht. Da gibt es sehr viele bekannte Fälle,” erklärt der junge Samuel. Das liegt an dem salonfähigen “Antiziganismus”, den er als “salonfähig” bezeichnet. Viele Menschen hinterfragen ihre Vorurteile erst gar nicht. Auch eine eu-parlamentarische Resolution gegen den Begriff “Zigeuner” konnte laut dem jungen Roma-Aktivisten nichts ändern. “Im Bewusstsein der Menschen ist der Antiziganismus noch nicht angekommen, die Klischees sind immer noch da,” macht Mago klar.

Ceija Stojka verstarb vor rund sechs Jahren und hoffte noch kurz vor ihrem Tode,“wenn sich die Welt nicht jetzt verändert, wenn die Welt nicht ihre Tore und Fenster öffnet, wenn sie keinen Frieden stiftet, wahren Frieden, so dass meine Enkel eine Chance haben in dieser Welt zu leben, dann kann ich nicht erklären warum ich Auschwitz, Bergen-Belsen und Ravensbrück überlebt habe.”

AUTOR: Nada Anđelić