Start Magazin
MEIN SCHICKSAL

Kampf gegen die Sucht: Wenn das Leben schwierige Geschichten schreibt

Zerstörte Seele

,,Was ich durchmachte, war schrecklich. Ich kam mit einem flachen Bauch, aber mit verletzter Seele nach Wien zurück. Ich ging weiter in die Schule, sprach aber in den Pausen und auch zu Hause mit niemandem. Ich lernte fleißig, was man auch an meinen Noten sehen konnte. Aber meine Eltern erkannten nicht, dass ich in einer tiefen Depression steckte, dass ich fast nichts mehr aß und dass Schlaflosigkeit bei mir zum Dauerzustand wurde. Dieses Dahinvegetieren dauerte länger als ein Jahr, doch dann entschloss ich mich selber, einen Arzt aufzusuchen. Da ich minderjährig war, bat ich eine Nachbarin, mit mir zu gehen und sich als meine Mutter auszugeben. Sie lehnte das lange ab, gab aber am Ende nach. Der Arzt verschrieb mir beruhigende und stärkende Medikamente mit der Empfehlung, einen Psychologen aufzusuchen. Ich versprach das alles und konnte es kaum erwarten, die Medikamente zu nehmen und endlich wieder zu schlafen.

Zuerst funktionierte das alles gut, denn ich hielt mich an die empfohlene Dosierung. Ich schaffte es, vier-fünf Stunden pro Nacht zu schlafen, und war wacher und besser gelaunt. Ich lernte auch weiterhin fleißig, denn ich hatte den Plan, eine HTL abzuschließen und Arbeit zu finden und dann sofort von meinen Eltern auszuziehen. Aber mit der Zeit kam die Schlaflosigkeit zurück und ich erhöhte die Dosierung der Beruhigungstabletten“, sagt Tijana.

,,Als ich vom Arzt keine Rezepte für die Dosis, die ich brauchte, mehr bekommen konnte, fand ich verschiedene andere Wege. Mir war nicht bewusst, dass ich abhängig wurde. Ich wollte nur regelmäßig und ausreichend schlafen“, so Tijana.

,,Ein Schulkollege, dem ich das erzählte, sagte, es gäbe eine Lösung für mich. Ich war ihm unendlich dankbar, als er mich einem zweifelhaften Typen vorstellte, der begann, mir Ecstasy-Tabletten zu verkaufen. Ich wurde Stammkundin bei ihm und süchtig nach den Tabletten, die ich mit dem Beruhigungsmittel kombinierte. Es klingt unwahrscheinlich, aber das gab mir die Kraft zu funktionieren, als wäre alles in perfekter Ordnung. Meine Eltern wunderten sich, dass ich von dem Taschengeld, das ich bekam, nie ein Kleidungsstück oder einen Kosmetikartikel kaufte und dass ich so dünn war, aber sie ahnten nicht, dass ich jeden Cent für Drogen ausgab.

Sie fragten aber auch nicht viel nach, denn sie waren mit meinem schulischen Erfolg und mit der Tatsache, dass ich nicht ausging wie meine Altersgenossinnen, zufrieden. Sie waren stolz, dass sie meinen Fehler aus früher Jugend so „folgenlos“ ausgebügelt hatten, und meinten, das habe mich zur Vernunft gebracht. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich vor allem auf meine Schwester, die eine schwierige Pubertät durchmachte und aufsässig und aggressiv wurde. In dieser Zeit hörte ich zum ersten Mal, dass sie ihr sagten, sie solle sich an mir ein Vorbild nehmen. Bitter dachte ich, dass gerade sie, die mir am nächsten stehen sollten, überhaupt keine Ahnung von mir hatten.

Lesen Sie mehr auf der nächsten Seite!