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FORDERUNG

Keine 38 Stunden mehr: Arbeitszeiten sollen gekürzt werden!

ARBEITSZEIT
(FOTO: iStock/coffeekai)

Laut der Arbeiterkammer (AK) kann sich ein Drittel der Beschäftigten nicht vorstellen, bis zur Pension in ihrem derzeitigen Job zu arbeiten.

„Es wird immer intensiver gearbeitet, der Arbeitsdruck steigt“, so Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl bei einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag. „Eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung ist der nächste logische Schritt.“ Durch diese Aussage bekräftigt die Arbeiterkammer ihre Forderung nach einer allmählichen Reduzierung der Arbeitszeit mit vollem Lohnausgleich.

Die Arbeiterkammer ist der Ansicht, dass eine „gesunde Vollzeitarbeit“ zwischen 30 und 35 Stunden pro Woche liegen sollte. Die Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten zieht sich dabei durch alle Branchen. Die Aussagen stützen sich auf eine nicht-repräsentative Online-Umfrage, die von der Arbeiterkammer in Auftrag gegeben wurde und an der etwa 4.700 Personen teilnahmen. Von den Befragten gaben acht von zehn an, dass sie gerne weniger arbeiten würden. Außerdem gab jede zweite Teilzeitkraft an, dass sie gerne mehr arbeiten würde, wenn die Definition von Vollzeitarbeit anders wäre. „Besonders Frauen mit Kindern haben eine Mehrfachbelastung durch Erwerbsarbeit, Familie und Hausarbeit“, so Anderl. „Daher würde eine neue, gesunde Vollzeit ein wesentlicher Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern sein.“

„gesunde Vollzeitarbeit“

In Österreich arbeitet man im Vergleich zum EU-Durchschnitt länger in Vollzeit und es werden zudem viele unbezahlte Überstunden geleistet. Anderl betonte außerdem, dass die letzte gesetzliche Arbeitszeitreduktion bereits in den 1970er-Jahren beschlossen wurde. Seitdem hat sich die Produktivität jedoch enorm gesteigert und damals wie heute wurde vor einem „Niedergang der Wirtschaft“ gewarnt. „Es gab aber keinen Niedergang, unserer Wirtschaft, sie ist noch da“, sagt Anderl.

Anderl wies darauf hin, dass es angesichts des Fachkräftemangels ein bisher ungenutztes Potenzial an Arbeitskräften gebe. Derzeit sind 438.000 Personen aufgrund von Betreuungspflichten teilzeitbeschäftigt, würden aber gerne mehr arbeiten. Außerdem könnte durch eine bessere Wiedereingliederung von Müttern in den Arbeitsmarkt und die Förderung des „zweiten Bildungsweges“ der Fachkräftemangel gelindert werden. Unternehmen, die bereits jetzt kürzere Arbeitszeiten ausprobieren, haben zudem weniger Probleme, geeignete Fachkräfte zu finden.

Die Präsidentin der Arbeiterkammer fordert konkret Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) auf, ein neues Arbeitszeitgesetz zu verabschieden, bei dem alle Sozialpartner beteiligt sind. Im Mittelpunkt sollte dabei eine „neue, gesunde Vollzeitarbeit“ stehen, die mit vollem Lohn- und Personalausgleich einhergeht. Die AK fordert außerdem ein Verbot von All-In-Verträgen, die Rücknahme des 2018 beschlossenen „12-Stunden-Tages“ und Sanktionen für Unternehmen, die sich nicht an diese Regeln halten.

Lohnausgleich oder 4-Tage-Woche

Kocher gibt hingegen den Sozialpartnern die Verantwortung, die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten zur Arbeitszeitverkürzung zu nutzen. Laut Kocher haben die Sozialpartner im Rahmen ihrer Kollektivvertragsautonomie viele Möglichkeiten, eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem oder teilweisem Lohnausgleich oder eine 4-Tage-Woche umzusetzen. „Um branchenspezifische Erfordernisse und Unterschiede berücksichtigen zu können, sollten allfällige Arbeitszeitverkürzungen weiterhin im bewährten Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen erfolgen.“

Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung stößt bei der Wirtschaftskammer und dem Wirtschaftsbund auf Unverständnis. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung würde den Arbeitskräftemangel weiter verschärfen. Laut den Wirtschaftsvertretern würde dies den Faktor Arbeit verteuern und zur Abwanderung von Betrieben ins Ausland führen. Zudem würde eine Arbeitszeitverkürzung den Druck auf die Arbeitnehmer erhöhen, da sie gezwungen wären, die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit zu erledigen.