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DEMOGRAPHIE

Mehr Tote als Neugeborene in Bosnien und Herzegowina

Symbolbild (FOTO: iStockphoto)

Die ungünstige demographische Entwicklung in Bosnien-Herzegowina geht weiter, wie die neuesten statistischen Daten zeigen: Die Natalität ist negativ, doch Bosnien-Herzegowina hat immer noch keine landesweite Bevölkerungspolitik.

Die Alterung der Bevölkerung ist ein weltweites Problem, das durch den langfristigen Rückgang der Sterblichkeit und die Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung  ensteht. In Bosnien-Herzegowina ist dieser Trend jedoch sehr besorgniserregend, da das Jahr 2022 zwei Jahrzehnte markiert, in denen die Bevölkerungsstatistik von Bosnien-Herzegowina eine Fruchtbarkeitsrate von weniger als 1,3 Kindern pro Frau registrierte. Dies ist die sogenannte „niedrigste niedrige Fruchtbarkeitsrate“, wie Dr. Mirza Emirhafizović in einem Interview für „Radio Slobodna Evropa“ warnt.

Er wies weiter darauf hin, dass es bereits in den 80er Jahren eine deutliche negative Veränderung in der Bevölkerungsreproduktion in Bosnien-Herzegowina gab, obwohl die absolute Geburtenzahl über 40.000 lag. Da sie aber tendenziell weiter sank, war 1990 – kurz vor dem Krieg – die Differenz zwischen Neugeborenen und Gestorbenen weniger als 38 000. Der Krieg hinterließ langanhaltende demographische Folgen, da er ernsthafte strukturelle Probleme provozierte. Nach dem Ende des Krieges kann der sozioökonomische Übergang als ein Zustand der permanenten Krise betrachtet werden. Die Folgen sind Arbeitslosigkeit, soziale Exklusivität, Illegalität und ein schlechtes Funktionieren der Institutionen. Dies ist nicht nur ein hinreichender Auslöser für Migration, sondern auch ein destabilisierender Faktor von Institutionen, die für die Erziehung von Kindern und die Gründung einer Familie benötigt werden, sprich: die Umkehrung des negativen Trends der Geburtenrate.

Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) gab eine Einschätzung am Ende des Jahres 2020 ab, dass, wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen, bis 2070 die Gesamtbevölkerung um 50 Prozent sinken wird. Sehr alarmierend ist die Einschätzung der Experten, dass die negative demographische Dynamik immer mehr an Intensität gewinnt. Dies ist auf einen Kippeffekt hinsichtlich der Bevölkerungsalterung zurückzuführen. Die Bevölkerungsalterung beeinflusst nämlich die Vitalität sowie deren Volumen und die Zusammensetzung des Fruchtbarkeits- und Arbeitskräftekontingents und belastet das Pensions- und Gesundheitssystem.

Wie kommt man aus diesem Teufelskreis heraus?
Der erste Schritt, um eine Lösung zu finden, ist ein steigendes Bewusstsein für das Problem. Aber auch Maßnahmen, die auf fachlichen, auf Analysen basierenden Erkenntnissen beruhen, müssen richtig umgesetzt werden. Solche Messungen müssen sich an jenen Teil der Bevölkerung richten, der potenziell an der Reproduktion teilnimmt und Entscheidungen über das Kinderkriegen trifft. Es muss ein landesweites Programm implementiert werden, das Beschäftigungsmöglichkeiten, Unterstützung durch das Gesundheitssystem, ein System der Kinderbetreuung usw. sicherstellt. Kurzum: finanzielle und soziale Unterstützung für Mütter, Väter und Kinder.