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Jugendschutz

Nach Grazer Schul-Attentat: Babler will Jugendliche aus Social Media verbannen

Andreas Babler, Vorsitzender der SPÖ, spricht bei der Wahl des neuen Parlamentspräsidenten in Wien, Österreich, am 24. Oktober 2024.
EPA-EFE/MAX SLOVENCIK

Nach dem Grazer Schulattentat fordert Vizekanzler Babler ein Verbot sozialer Medien für unter 15-Jährige. Er folgt damit Macrons Vorstoß und drängt auf eine europaweite Lösung.

Nach dem Grazer Schulattentat drängt die Bundesregierung auf strengere Regelungen für soziale Medien bei Minderjährigen. Während ein konkretes Konzept noch aussteht und Bundeskanzler Stocker ein Alterslimit lediglich als „eine der Möglichkeiten“ erwähnt, positioniert sich Vizekanzler Babler nun deutlicher: Gegenüber der APA sprach er sich für ein Verbot sozialer Medien für Personen unter 15 Jahren aus und plädiert für eine europaweite Lösung.

Der SPÖ-Politiker greift damit einen Vorstoß des französischen Staatspräsidenten Macron auf, der nach einer tödlichen Messerattacke an einer französischen Bildungseinrichtung in der vergangenen Woche ein EU-weites Nutzungsverbot für unter 15-Jährige gefordert hatte. Babler möchte diese Thematik zum Schwerpunkt der am 1. Juli beginnenden dänischen EU-Ratspräsidentschaft machen und kündigte entsprechende Gespräche auf europäischer Ebene in den kommenden Wochen an.

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Französisches Modell als Vorbild

Frankreich hat in dieser Frage bereits Fakten geschaffen: Seit Januar 2024 gilt dort ein Gesetz, das Kindern unter 15 Jahren die Nutzung sozialer Medien nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Eltern erlaubt. Die Plattformbetreiber sind verpflichtet, das Alter ihrer Nutzer technisch zu überprüfen. Allerdings zeigen erste Erfahrungen, dass die Umsetzung nicht ohne Schwierigkeiten verläuft. Viele Jugendliche finden Wege, die Kontrollen zu umgehen, etwa durch die Nutzung elterlicher Daten oder VPN-Dienste.

Nationale Alternative

Sollten die europäischen Bemühungen bis Jahresende keine Fortschritte zeigen, strebt der Vizekanzler nationale Regelungen an. Digitalisierungsstaatssekretär Pröll von der ÖVP hatte bereits eine österreichische Lösung ins Spiel gebracht, die Plattformbetreiber zur Einhaltung ihrer Altersbeschränkungen verpflichten soll. Als rechtliche Grundlage verwies er auf die Datenschutz-Grundverordnung, die eine Verarbeitung von Daten unter 14-Jähriger untersagt.

Schärfere Kontrollen

Neben dem Nutzungsverbot für Jugendliche unter 15 Jahren fordert Babler eine beschleunigte Implementierung des Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union. Diese Verordnung schreibt großen Online-Plattformen mehr Transparenz und Kontrolle ihrer Algorithmen vor. Der derzeitige Umsetzungsstand sei unbefriedigend, so der Vizekanzler, der auch schärfere Sanktionen bei Verweigerung oder unvollständiger Informationsweitergabe durch die Plattformbetreiber befürwortet.

In einer schriftlichen Erklärung betonte Babler die Notwendigkeit, Kinder vor den Algorithmen der Online-Konzerne zu schützen. Täglich würden Minderjährige durch unkontrollierte Algorithmen außereuropäischer Privatunternehmen mit Falschinformationen, Gewaltdarstellungen und extremistischen Inhalten konfrontiert – ohne Rücksicht auf Jugendschutzbestimmungen oder gesellschaftliche Verantwortung.

Jugendmedienschutz-Experten weisen allerdings darauf hin, dass Altersverbote ohne wirksame technische Lösungen und begleitende Aufklärungskampagnen nur begrenzte Wirkung entfalten. Der Erfolg solcher Maßnahmen hänge stark von der Kooperation der Plattformbetreiber ab, die bislang nur zögerlich auf regulatorische Anforderungen reagieren.