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Beweise

Polizist verliert Kontrolle – trotz Video, keine Gerichtsverhandlung

FOTO: iStock/FotoGablitz
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Als der letzte Tag des Jahres 2022 in Wien-Floridsdorf in die Nacht überging, eskalierte eine Begegnung zwischen der Polizei und einer Gruppe Jugendlicher. Ein Beamter, der sich einem Kontrollverlust hingab, wird sich jedoch nicht vor Gericht verantworten müssen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden aufgrund eines Mangels an Beweisen eingestellt.

Die Silvesternacht ist für gewöhnlich eine Zeit der Feierlichkeiten, doch für eine Gruppe Jugendlicher wurde sie zu einer Nacht der Konfrontation. Ein ranghoher Beamter der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) verlor die Beherrschung und wurde dabei gefilmt, wie er die Jugendlichen anging. Der Beamte, der vermummt war und einen Schlagstock trug, stieß einen der Jugendlichen gegen eine Parkbank und beschimpfte die Gruppe.

„Wos wüllst, du klana Rotzbua?“, schreit der Polizist neben weiteren vulgären Beschimpfungen. Später im Verlauf der Aufnahmen schnappt er sich einen weiteren jungen Mann am Jackenkragen. Er stößt ihn auf eine Parkbank und bellt ihn an: „Setz di hi, oida“.

Die anderen Polizeibeamten vor Ort schritten nicht ein. Nach dem Vorfall sicherte die Polizei das Video und leitete es zur rechtlichen und disziplinären Beurteilung weiter.

Unzureichende Beweise

Die Polizei wurde ursprünglich alarmiert, weil eine Gruppe von vermummten Jugendlichen und jungen Erwachsenen Böller in Richtung der Beamten geworfen hatte. Die Bilanz der Silvesternacht: Drei Festnahmen, weit mehr als 200 Identitätsfeststellungen und dutzende Anzeigen.

Die Jugendlichen dokumentierten ihre Verletzungen nach dem Einsatz durch Fotos. Trotz der Schwere der Vorwürfe gegen den Beamten führte sein Vorgesetzter lediglich ein Gespräch. Die Landespolizeidirektion äußerte sich nicht zu den Konsequenzen für den Beamten und verwies auf den Datenschutz.

Polizeigewalt eskaliert

Dieser Vorfall war nicht der einzige seiner Art. Im Dezember wurde ein Streifenbeamter angeklagt. Dieser hatte einen jungen Mann in Wien-Simmering mehrfach mit dem Kopf auf den Asphaltboden geschlagen. Der Prozess dazu wurde am Montag vertagt.

Um solchen Fällen von Missbrauchsvorwürfen nachzugehen, wurde am Montag die Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) eingerichtet. Das Innenministerium erhofft sich von dieser Einrichtung eine „rasche und kompetente“ Klärung bei erhobenen Anschuldigungen.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.