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Missbrauchsskandal

Sex, Lügen, Gewalt: Rapper Diddy ab Montag vor Gericht

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FOTO: EPA-EFE/Cristobal Herrera-Ulashkevich

Der Prozess gegen Rapper Sean „Diddy“ Combs startet am Montag in New York. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 55-Jährigen Sexhandel und organisierte Kriminalität vor.

Laut Anklage soll er über Jahre hinweg Frauen missbraucht, bedroht und zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Dabei habe er ein „kriminelles Unternehmen“ mit Helfern betrieben.

Neben dem Strafverfahren sieht sich Combs mit zahlreichen Zivilklagen konfrontiert – allein eine Anwaltskanzlei aus Texas vertritt nach eigenen Angaben rund 120 Personen mit Vorwürfen gegen den Musiker. Der Rapper bestreitet sämtliche Anschuldigungen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

Vom Star zum Angeklagten

Combs, 1969 geboren, brach sein College-Studium ab und gründete 1993 das Label Bad Boy Records. Mit seinem Debütalbum „No Way Out“ gelang ihm 1997 der internationale Durchbruch. In den folgenden Jahrzehnten etablierte er sich mit Hits wie „I’ll Be Missing You“ und „Bad Boy For Life“ als einer der erfolgreichsten Rapper weltweit. Auch als Unternehmer feierte er mit seiner Modemarke Sean John Erfolge.

Der dreifach verheiratete Vater von sieben Kindern sorgte um die Jahrtausendwende mit seiner Beziehung zu Jennifer Lopez für Schlagzeilen. Noch vor etwa zwei Jahren stand Combs auf dem Höhepunkt seines Ruhms – im September 2023 erhielt er bei den MTV Video Music Awards die Auszeichnung als „Global Icon“.

Kurz darauf reichte seine Ex-Freundin Cassie Ventura eine Zivilklage wegen Vergewaltigung, Missbrauch und Körperverletzung ein. Obwohl sich beide auf einen Vergleich einigten, tauchte später ein Video auf, das Combs bei einem gewalttätigen Übergriff auf Ventura in einem Hotelflur zeigt.

⇢ Sex, Gewalt, Drohungen: P. Diddy lehnt Vergleich ab – lebenslange Haft droht

Nach einer öffentlichen Entschuldigung brachen plötzlich von vielen Seiten ähnliche Anschuldigungen herein, was schließlich im September letzten Jahres zu seiner Festnahme in einem New Yorker Luxushotel und zur Anklageerhebung führte.

Hinter Gittern

Seine luxuriösen Anwesen in Kalifornien und Florida musste der Musiker gegen eine Zelle im berüchtigten Metropolitan Detention Center in Brooklyn eintauschen. Dort wird er unter der Häftlingsnummer 37452-054 geführt. Sein Gefängnisbereich „4 North“ verfügt laut New York Times über gewisse Annehmlichkeiten wie Yoga-Matten, Tischtennisplatten, Fernseher und Basketball-Körbe – jedoch ohne Internetzugang.

Telefonisch kann Combs mit seinen Kindern kommunizieren und soll auch mit Kollege Kanye West gesprochen haben. Zu seinen Mitinsassen zählte zeitweise der wegen Betrugs verurteilte Krypto-Unternehmer Sam Bankman-Fried sowie Luigi M., ein wegen Mordes Verurteilter, der denselben Anwalt wie Combs hat.

Zum Prozessauftakt wird Combs voraussichtlich persönlich vor Richter Arun Subramanian erscheinen. Die Jury-Auswahl könnte sich über mehrere Tage erstrecken – angesichts der Prominenz des Angeklagten verteilten Staatsanwaltschaft und Verteidigung bereits vorab Fragebögen an potenzielle Geschworene. Der gesamte Prozess könnte sich über Wochen oder sogar Monate hinziehen.

Das Verfahren erinnert an ähnliche Prozesse gegen frühere Superstars wie R. Kelly, Bill Cosby oder Harvey Weinstein. Combs hat bislang auf nicht schuldig plädiert. Seine Verteidiger haben verschiedene Strategien angedeutet: Sie versuchten erfolglos, das Gewalt-Video gegen Ex-Freundin Ventura, die als Zeugin aussagen will, aus der Beweismasse auszuschließen. Zudem argumentierten sie, dass Combs einen „Swinger-Lifestyle“ gepflegt habe und möglicherweise durch Drogenkonsum nicht vollständig zurechnungsfähig gewesen sein könnte.

Noch am vergangenen Donnerstag plädierte Combs vor Gericht für einen Vergleichsvorschlag der Staatsanwaltschaft, der eine mildere Strafe vorsah, als bei einer vollständigen Verurteilung zu erwarten wäre. Die rechtlichen Konsequenzen könnten massiv sein: Bei den Anklagepunkten der Erpressung und des Sexhandels mit Gewalt, Betrug oder Nötigung droht ihm lebenslange Haft, wobei letzterer Anklagepunkt auch eine Mindeststrafe von 15 Jahren vorsieht.

In seinen Glanzzeiten umgab sich Combs gerne mit Prominenten wie Usher, Justin Bieber, Leonardo DiCaprio, Paris Hilton und Kim Kardashian. Inzwischen haben sich viele von ihm distanziert. Rapper 50 Cent (Curtis Jackson) äußerte sich mit scharfer Kritik und bezeichnete die Vorwürfe als „verstörend“.

Viele ehemalige Weggefährten werden am Montag ebenfalls in New York sein – allerdings bei der „Met Gala“, einer prestigeträchtigen Benefizveranstaltung des Metropolitan Museums, bei der Combs früher ein gern gesehener Gast war.

Ausdrückliche Unterstützung erhält der Angeklagte von seiner Mutter und seinen Kindern, die sich wiederholt öffentlich für ihn einsetzen und voraussichtlich auch beim Prozess anwesend sein werden.