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Ein Beinahe-Abenteuer

Balkan Stories: Wie ich nach Montenegro kam

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(FOTO: Balkan Stories)

Ich gehe zum Friseur

Das kleine Mädchen am Tisch gegenüber im Cafe in der Busbahnhofshalle in Peja lächelt mich freundlich an.

Es ist mit seiner Großmutter da und trägt eine Schultasche.

Ich frage mich, warum die Kleine nicht in der Schule ist. Es ist Freitag, halb zehn am Vormittag.

Der Kaffee kostet 50 Cent. Das scheint eine Art Einheitspreis im Kosovo zu sein.

Ich gebe dem Kellner einen Euro. Gerade eben ist der am nächsten gelegene der beiden Friseure freigeworden.

Er hat Filmposter in seinem kleinen Salon und wirkt ausnehmend freundlich. Und er kann gut Englisch.

Sein Akzent klingt nicht recht Albanisch. Eher nach der Sprache ohne Namen.

Bei der Plauderei stellt sich heraus, dass er Bosnjake ist. Ermin heißt er. Er ist einer von denen, die sie nach dem Krieg nicht vertrieben haben.

„Wir leben schon in der dritten oder vierten Generation hier“, sagt Ermin stolz.

Sein Friseurgeschäft hat er auch schon um die 20 Jahre.

„Du musst viel Laufkundschaft haben, so am Busbahnhof“, sage ich.

„Es sind ein paar. Aber das meiste sind Stammkunden. Wenn du einen guten Service anbietest, spricht sich das herum.“

Sein Service ist hervorragend. In zehn Minuten ist mein Bart gestutzt und Wangen und Hals sind ausrasiert.

3 Euro 50 kostet das hier. Ich fühle mich viel sauberer und gepflegter. Fast wie ein neuer Mensch.

Mein Hotelwirt hilft mir sparen und vermasselt das Abenteuer

Mein Hotelwirt klingt sauer, als ich ihm gestern Abend über einem Skopsko von meinem Arrangement mit meinem JNA-Taxifahrer erzähle.

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(FOTO: Balkan Stories)

„Da kannst du doch mit dem Bus über Peja fahren, das ist viel billiger“, meint er.

„Davon hat der Mann am Schalter nichts gesagt. Und im Internet hab ich auch keine Verbindung über Peja gefunden“.

Mein Wirt macht eine wegwerfende Handbewegung. „Das ist, weil du kein Albanisch kannst. Da findest du die Seiten nicht.“

Er schimpft über den Mann am Busbahnhofsschalter

Auf seinem Notebook ruft er eine Seite auf. „Da, schau. Du kannst um sieben nach Peja fahren oder um halb acht. Um zehn geht von dort der Bus nach Podgorica, der geht über Rožaje“.

„Bist du sicher?“

„Ja“.

Sein Assistent nickt.

Ich entschließe mich für den Bus um halb acht. Früh aufstehen ist nicht meine Sache. Und das ist schon mehr als früh genug für mich.

Ein bisschen trauere ich dem entgangenen Abenteuer mit der Taxifahrt nach. Aber so entgehe ich der Verlegenheit, vielleicht kein Taxi von der Grenze nach Rožaje auftreiben zu können.

Mein Wirt storniert das Taxi an die Grenze und ruft mir eines für sieben in der Früh.

Eine chaotische Abreise

Um zehn nach sieben kommt der Assistent verschlafen und etwas verwirrt, aber freundlich, vors Hotel.

„Die haben angerufen, dass du nicht gekommen bist.“

Ich stehe seit fünf vor sieben vor dem Gebäude.

Der Wirt, ebenfalls wach geworden, ruft mir ein anderes Taxi.

Sollte sich ausgehen. Prishtina ist nicht sehr groß. Zum Busbahnhof ist es vom Zentrum nicht weit.

Ein wenig nervös werde ich doch.

Und denke mir: Warum sollte meine Abreise weniger chaotisch verlaufen als meine Ankunft?

Als ich Dienstagvormittag vom Flughafen in die Stadt fuhr, waren alle Ampeln ausgefallen.

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(FOTO: Balkan Stories)

Alle. Wirklich alle.

Die ganze Stadt schien ein einheitlicher Stau zu sein.

Für die 20 Kilometer vom Flughafen zum Hotel brauchten wir knapp eineinhalb Stunden.

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Eine Kreuzung kurz vor Prishtina am Tag meiner Anreise. So weit reichte der Stau zurück, obwohl hier die Ampeln noch funktionierten.

Mein Taxifahrer heute früh bringt mich direkt zum Busbahnsteig.

Das habe ich auch noch nie erlebt.

Am Busbahnsteig begrüßt man mich auch Deutsch

Der Co-Busfahrer begrüßt mich gleich auf Deutsch. Er hat einige Jahre in einer Automobilfabrik in Bayern gearbeitet.

Begeistert gesellt sich ein zweiter Fahrgast zu uns. Der war während des Kriegs in Österreich.

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(FOTO: Balkan Stories)

Der Co-Busfahrer lädt meine Tasche in den Frachtraum. Ich bin überrascht, dass er keine Gebühr von mir verlangt.

In Bosnien, Serbien und Kroatien ist das üblich.

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(FOTO: Balkan Stories)

Eine unangekündigte Pause

Kaum zehn Minuten Fahrt von Peja entfernt bleibt der Podgorica-Bus am Parkplatz vor einem Gasthaus stehen. Die Türen gehen auf.

Will hier wer rein?

In Ex-Jugoslawien kann man auch bei Überlandbussen in der Regel auch auf der Straße zusteigen.

In Prishtina heute morgen hat der Busfahrer sogar Leute reingelassen, unmittelbar nachdem wir den Schranken des Busbahnhofs hinter uns gelassen hatten.

Der Fahrer sagt kein Wort. Leute steigen aus.

Es scheint eine der längeren Pausen zu sein. Die sind hier auf längeren Strecken alle paar Stunden üblich.

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