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Kabul

Gefangen im Albtraum: Taliban werfen abgeschobene Afghanen in Folter-Gefängnis

FOTO: EPA-EFE/Samiullah Popal

In Afghanistan haben die Taliban kürzlich 28 aus Deutschland abgeschobene Kriminelle in dem berüchtigten Horror-Gefängnis in Kabul untergebracht. Diese Insassen befinden sich im Pul-e-Charkhi-Gefängnis bei Kabul, das aufgrund seiner harten Haftbedingungen und Menschenrechtsverletzungen international in der Kritik steht.

Erste Abschiebung seit Taliban-Machtübernahme

Dieser Abschiebeflug markierte den ersten seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan vor drei Jahren, KOSMO berichtete. Die Abgeschobenen wurden aus verschiedenen Teilen Deutschlands zusammengeführt und von Leipzig aus mit einer Boeing 787 nach Kabul gebracht. Unter ihnen befanden sich teils schwere Straftäter mit Vergehen wie Vergewaltigung, Körperverletzung und Kindesmissbrauch.

Hintergrund der Abschiebungen

Der tödliche Messerangriff eines Mannes aus Afghanistan in Mannheim im Mai dieses Jahres hatte die deutsche Bundesregierung veranlasst, Abschiebungen nach Afghanistan wieder in Betracht zu ziehen. Direkte Verhandlungen mit der Taliban-Regierung gab es jedoch nicht, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte. Das Emirat Katar spielte bei der Organisation dieser Flüge eine zentrale Rolle, bestätigt Lamya Kaddor, Innenexpertin der Grünen.

epa11558249 Taliban security patrol in Kabul, Afghanistan, 21 August 2024. The Taliban government has barred UN special rapporteur Richard Bennett from entering Afghanistan, accusing him of spreading propaganda regarding human rights violations. Taliban spokespersons claimed Bennett exaggerates issues they consider minor. The international community's criticism of the Taliban's human rights record continues to hinder their recognition on the global stage, although some countries like China and Russia are moving towards normalizing relations with Afghanistan. EPA-EFE/SAMIULLAH POPAL
FOTO: EPA-EFE/Samiullah Popal

Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Amnesty International Deutschland hat scharf gegen den Abschiebeflug protestiert. Generalsekretärin Julia Duchrow erklärte, in Afghanistan sei niemand sicher und wies auf außergerichtliche Hinrichtungen, gewaltsames Verschwindenlassen und Folter hin. Trotz dieser Warnungen versichert die Bundesregierung, Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben, ohne jedoch Details zu nennen.

Zustände im Pul-e-Charkhi-Gefängnis

Pul-e-Charkhi, ein Gefängniskomplex aus den 1970er Jahren, ist bekannt für seine unmenschlichen Bedingungen. Es war Schauplatz von Hinrichtungen und Folter während des sowjetisch-afghanischen Krieges. Im Jahr 2007 begann das US-Militär, eigene Häftlinge dorthin zu verlegen, parallel zu den Plänen, das Gefangenenlager Guantánamo Bay zu schließen. Zu diesem Zweck renovierten die USA das Gefängnis teilweise.

Bis zur Machtübernahme der Taliban im August 2021 waren dort hauptsächlich Taliban-Kämpfer inhaftiert. Nach der Übernahme wurden viele dieser Häftlinge befreit, einige von ihnen übernahmen anschließend die Aufsicht im Gefängnis.

Internationale Organisationen berichten von katastrophalen hygienischen Zuständen. Überfüllte Zellen, wenig Wasser und nur wenige Toiletten prägen den Alltag der Insassen. Im Winter 2022 sollen 120 Gefangene aufgrund der schlechten Bedingungen erfroren sein.