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Zivilprozess

Hundebox-Fall“: Missbrauchsopfer fordert Millionen vom Land

Hundebox-Prozess. Eine Mutter sperrt ihren Sohn regelmäßig in eine Hunde-Transportbox. Bis er beinahe verhungert und erfriert. FOTO: X/@StehaufmannWien
Hundebox-Prozess. Eine Mutter sperrt ihren Sohn regelmäßig in eine Hunde-Transportbox. Bis er beinahe verhungert und erfriert. FOTO: X/@StehaufmannWien

Ein schockierender Misshandlungsfall eines Jungen in Niederösterreich zieht weite Kreise. Jetzt wird um 150.000 Euro Schmerzensgeld gestritten.

Der erschütternde Fall eines damals 12-jährigen Jungen, der von seiner eigenen Mutter und einer Komplizin misshandelt und in eine Hundebox gesperrt wurde, erregte weit über die Grenzen Niederösterreichs hinaus Aufmerksamkeit. Die beiden Frauen wurden bereits zu langen Haftstrafen verurteilt. Der Zivilprozess, der am vergangenen Freitag begann, fordert nun 150.000 Euro Schmerzensgeld und die Haftung für zukünftige Schäden vom Land Niederösterreich. Diese Forderungen werden jedoch von der Landesregierung zurückgewiesen. Ein Versuch der Richterin, einen Vergleich zu erzielen, scheiterte, und das Verfahren wird am 17. Juni fortgesetzt.

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Zu Beginn des Prozesses erinnerte die Richterin an das Strafverfahren des letzten Jahres und bezeichnete die Verbrechen als „schrecklich“. Im Zivilverfahren wird nun geprüft, ob Schadenersatzansprüche gegen das Amt der Landesregierung bestehen. Opferanwalt Heinrich Nagl zeigte sich offen für Gespräche, während Martin Führer, der das Land vertritt, erklärte, dass er kein Mandat für Vergleichsverhandlungen habe.

Zivilprozess und Forderungen

Zunächst konzentriert sich das Verfahren auf die Begründung des Anspruchs, bevor über die Höhe des Schadensersatzes verhandelt wird. Mehrere Zeugen werden gehört, und ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Jungen wird erstellt. Die Klage, die im November des Vorjahres vom Opferanwalt Timo Ruisinger beim Landesgericht Krems eingereicht wurde, umfasst einen Gesamtstreitwert von 180.000 Euro, bestehend aus 150.000 Euro Schmerzensgeld und 30.000 Euro für zukünftige Schäden. Sie basiert auf dem NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz, das das Land als Träger der Kinder- und Jugendhilfe in die Verantwortung nimmt.

Ein zentraler Aspekt der Klage ist das Verhalten zweier Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a. d. Thaya. Ihnen wird vorgeworfen, trotz zahlreicher Hinweise auf die Gefährdung des Jungen nicht angemessen reagiert zu haben. Trotz zweier Gefährdungsmeldungen und auffälliger Hausbesuche im Oktober und November 2022 sah der zuständige Mitarbeiter keine Notwendigkeit für Sofortmaßnahmen.

Verantwortung und Ermittlungen

Die Anwälte des Jungen kritisieren, dass ein persönliches Gespräch mit dem Kind versäumt wurde. Das Land Niederösterreich hingegen bestreitet jegliche Pflichtverletzung und betont, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt wurden. Die Obsorge lag bei beiden Eltern, und Eingriffe in die Elternrechte seien nur unter strengen Bedingungen möglich. Eine Solidarhaftung des Landes mit der Mutter wird ausdrücklich abgelehnt.

Gegen die Sozialarbeiter wurde wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt, das Verfahren jedoch eingestellt, da sie die Mutter als besorgte Elternteil wahrnahmen. Der ursprüngliche Fall sorgte für großes Aufsehen: Die 34-jährige Mutter wurde im Februar 2024 wegen versuchten Mordes und weiterer Vergehen zu 20 Jahren Haft verurteilt, ihre ehemalige Freundin erhielt 14 Jahre für fortgesetzte Gewaltanwendung. Beide wurden zusätzlich in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht.

Die Urteile sind rechtskräftig.