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DEATH IN SARAJEVO

„Ich habe mich nie den Erwartungen der Leute gebeugt“

Danis Tanović ist nicht nur Regisseur, er schreibt auch seine Drehbücher selbst. (Foto: Diva Shukor)

Vor genau 16 Jahren wurde das Drama „No Man’s Land“ von Danis Tanović mit dem Oscar gekrönt. Der Regisseur stellte seinen preisgekrönten Streifen „Death in Sarajevo“ im Rahmen des LET’S CEE FF vergangenes Jahr in Wien vor. KOSMO hat den Bosnier zum Gespräch getroffen.

In brauner Lederjacke und hellem Karo-Hemd sitzt der Oscar-Preisträger zurückgelehnt in seinem Sessel. Um ihn herum stehen zahlreiche Journalisten, wie Jäger, die ihre Beute bestaunen. Sie warten auf ein Interview mit dem bosnischen Regisseur, der seinen neusten Film in Wien beim LET’S CEE Filmfestival präsentiert. „Herr Tanović, ist es eh nicht zu stressig für Sie“, fragt eine junge Reporterin. „Ich war seit 1995 nicht mehr gestresst“, scherzt Danis Tanović. Seine Ruhe und Gelassenheit wirken ansteckend. Das kleine Land am Balkan hat in den letzten Jahren mit beeindruckenden Filmen für internationales Aufsehen gesorgt. Die bosnische Filmgeschichte scheint sich in die Zeit vor und nach dem Krieg zu teilen. So entsteht der Eindruck als ob sich die Regisseure in der Nachkriegszeit hauptsächlich mit den kriegerischen Ereignissen und deren Folgen auseinandersetzen würden.

Mit 33 Jahren bekam Tanović für sein Kriegsdrama „No Man’s Land“ den wichtigsten Preis der Filmwelt. (Foto: Diva Shukor)

Das Gegenteil beweisen die Filme von Srđan Vuletić, Ademir Kenović oder Pjer Zalica, die den Weg für ein Nachkriegskino in Bosnien-Herzegowina ebneten. Mit dem Sarajevo Film Festival kam eine Revolution auf. Diese hinterließ auch am europäischen Film-Himmel Spuren. Dennoch ist die Lage in Bosnien-Herzegowina schwierig. Die finanzielle Unterstützung fehlt, um mit internationalen Produktionen mithalten zu können. „Von einer bosnischen Filmszene kann man nicht wirklich sprechen, da sehr wenige Filme produziert werden. Es sind Einzelne in der Filmbranche, die versuchen sich durchzuschlagen“, erzählt Danis Tanović.

Für Tanović steht fest, dass es möglich ist Filme zu drehen, ohne Bosnien-Herzegowina direkt mit dem Krieg in Verbindung zu bringen. Schließlich gäbe es genügend erfolgreiche bosnische Filme, die im ehemaligen Jugoslawien Anerkennung genossen haben. Mit seinem Drama „Death in Sarajevo“, eine Art Allegorie auf die aktuell immer noch sehr ambivalenten Zustände in Bosnien, umgeht er das Kriegsthema. Zwar würde sich Bosnien-Herzegowina noch immer in einer Art Kriegszustand befinden, dennoch würden Künstler und Literaten versuchen neue Geschichten zu erzählen.

 „Wenn man so jung einen so bedeutenden Preis bekommt, dann besteht die Gefahr sich zu verlieren“, Danis Tanović

Mit 33 Jahren bekam Tanović für sein Kriegsdrama „No Man’s Land“ den wichtigsten Preis der Filmwelt.  Der Academy Award öffnete dem bosnischen Regisseur die Türen zu Hollywood. Damit schaffte er den internationalen Durchbruch und katapultierte sich zum bekanntesten, zeitgenössischen Regisseur des ehemaligen Jugoslawiens. „Wenn man so jung einen so bedeutenden Preis bekommt, dann besteht die Gefahr sich zu verlieren. Ich wusste danach nicht genau was ich machen möchte. Mir fehlte die Motivation weiter zu machen“, so Tanović. Der Oscar sei Fluch und Segen zugleich. Zwar erhält man Angebote und Möglichkeiten, der Druck und die Erwartungen steigen aber auch.