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Einbürgerungskampagne

Vizebürgermeister Wiederkehr fordert Möglichkeit zur Doppelstaatsbürgerschaft

Christoph WIederkehr. (FOTO: David Bohmann/PID)
Christoph WIederkehr. (FOTO: David Bohmann/PID)

Der Wiener Integrationsrat präsentiert seine Ergebnisse der Podiumsdiskussion zu Staatsbürgerschaft und Einbürgerung. Dabei diskutierte Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr mit Experten wie Rainer Bauböck (Österreichische Akademie der Wissenschaften), Judith Kohlenberger (Wirtschaftsuniversität Wien) und Alexander Pollak (SOS Mitmensch) über die Herausforderungen für Wien als Einwanderungsstadt.

Am Dienstag tagte der „W.I.R. – der Wiener Integrationsrat“ in Wien. Federführend war dabei Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr, der das unabhängiges Gremium 2021 gründete. Wiederkehr diskutierte mit etlichen Experten aus verschiedenen Bereichen das Thema der Podiumsdiskussion: „Staatsbürgerschaft und Einbürgerung: Zugang zur Staatsbürgerschaft im Interesse der Stadt Wien“. Die präsentierten Ergebnisse werden dann als Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes auf Bundesebene vorgeschlagen.

Auseinandersetzung

In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl der Einbürgerungen und die Einbürgerungsrate in Wien im europäischen Vergleich stark gesunken, obwohl die Zuwanderung zu einem deutlichen Bevölkerungswachstum geführt hat. Der Integrationsrat weist darauf hin, dass mehr als ein Drittel der Wohnbevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. In dieser Hinsicht bedeutet das, ein Demokratiedefizit. Darüber hinaus wird der Integrationsprozess durch die restriktive Gesetzeslage erschwert. Die positive Wirkung würde aufgrund hoher gesetzlicher Hürden und langwieriger Verfahren zunichtegemacht.

Einbürgerungskampagne gefordert

Der Wiener Integrationsrat setzt sich im Detail auf Bundesebene für folgende Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes ein:

  • Verkürzung der Aufenthaltsfristen
  • Senkung der Einkommenshürden
  • Akzeptanz von Doppelstaatsbürgerschaften
  • Automatische österreichische Staatsbürgerschaft für in Österreich geborene Kinder, sofern ein Elternteil bereits seit fünf Jahren rechtmäßig in Österreich lebt

Weitere Empfehlungen werden an die Stadt gerichtet und beinhalten die Bereitstellung von mehr Ressourcen für die Stadt Wien Abteilung für Einwanderung und Staatsbürgerschaft (MA 35), um die Verfahren effizienter und transparenter zu gestalten. Der bereits begonnene Reformprozess der zuständigen Behörde zeigt laut W.I.R. bereits erste Ergebnisse. Dennoch fordert der Rat verstärkte Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren. Zusätzlich soll die Stadt Wien eine eigene Einbürgerungskampagne starten, sobald der Rückstau an Anträgen in der Behörde erfolgreich abgearbeitet wurde. Darüber hinaus fordert der Wiener Integrationsrat die Stadtregierung auf, sich beim Bund für ein Gesetz zur Staatsbürgerschaft einzusetzen, das integrationsfreundlich ist, und politischen Druck auszuüben.

Einbürgerungsprozess

Menschen aus 179 Ländern leben und arbeiten in Wien, doch die politische Mitbestimmung bleibt vielen von ihnen verwehrt. Das Staatsbürgerschaftsgesetz ist nicht mehr zeitgemäß und führt zu unglaublichen Verzögerungen in der Antragsbearbeitung. Es ist nicht nachvollziehbar, dass etwa eine hier geborene junge Frau wegen eines Studienaufenthalts im Ausland, die Staatsbürgerschaft nicht bekommt, weil sie zu lange im Ausland war. Um langfristig Hürden im Einbürgerungsprozess abzubauen, müssen diese Absurditäten ein Ende haben. Das wäre auch ein wichtiger Hebel für mehr Integration und Teilhabe„, erklärt Wiederkehr.

Ab wann ist man ein richtiger Österreicher? Studie gibt Antworten

Der Ausschluss eines so großen Teils der Wiener Bevölkerung von der politischen Mitbestimmung bewirkt nicht nur, dass die Interessen von Menschen mit Migrationsgeschichte weniger berücksichtigt werden, sondern auch, dass die österreichische Demokratie weniger repräsentativ wird. Jüngere, einkommensschwächere und städtische Bevölkerungsgruppen haben nicht das politische Gewicht, das ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. Wien hat zwar mehr Einwohnerinnen als Niederösterreich, aber weniger Sitze im Parlament, weil die Sitzverteilung von der Zahl der Staatsbürgerinnen abhängt.„, ist sich Rainer Bauböck, Soziologe und Migrationsforscher sicher.