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Machtstrukturen

Neuer Papst baut Vatikan um: Leo XIV. trifft erste Personalentscheidungen

Papst Leo XIV. FOTO: EPA-EFE/ALESSANDRO DI MEO
Papst Leo XIV. FOTO: EPA-EFE/ALESSANDRO DI MEO

Dem neuen Papst Leo XIV. stehen als Oberhaupt der katholischen Kirche erhebliche Herausforderungen bevor. Trotz seiner absoluten Herrschaftsposition im kleinsten Staat der Welt wird er sich auf ein Team enger Mitarbeiter stützen. Wie bei jedem Pontifikat (Amtszeit eines Papstes) werden Vertrauenspersonen in Schlüsselpositionen befördert. Die Zusammensetzung des Teams um den neuen Papst wird daher mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

Mit dem Ableben von Papst Franziskus haben die meisten Leiter vatikanischer Behörden ihre Ämter gemäß kirchenrechtlicher Bestimmungen automatisch eingebüßt. Traditionell bestätigt ein neu gewählter Pontifex diese Amtsträger zu Beginn seines Pontifikats vorläufig. Der erste Augustiner (Mitglied des Augustinerordens) auf dem Papstthron, der als bisheriger Leiter des Bischofsdikasteriums (vatikanische Behörde für Bischofsangelegenheiten) die römische Kurie (zentrale Verwaltung der katholischen Kirche) bestens kennt, scheint für die Neubesetzung wichtiger Positionen bewusst mehr Zeit einzuplanen.

Laut seiner ersten Amtshandlung dürfen die derzeitigen Leiter und Mitglieder der Kurienbehörden vorerst ihre Funktionen behalten. Wie aus der vatikanischen Mitteilung hervorgeht, möchte der Heilige Vater vor endgültigen Personalentscheidungen eine Phase der „Reflexion, des Gebets und des Dialogs“ einlegen.

Vertraute Berater

Beobachter vermuten, dass Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der während des zwölfjährigen Pontifikats von Franziskus die zweithöchste Position im Vatikan innehatte, zunächst im Amt verbleiben wird. Parolin, der als Favorit ins Konklave (Papstwahlversammlung) ging, jedoch nicht die erforderliche Stimmenzahl für die Papstwahl erreichte, pflegt gute Beziehungen zu Franziskus‘ Nachfolger und hat bereits seine Bereitschaft signalisiert, auch dem neuen Papst zu dienen.

Zum engeren Kreis der Vertrauenspersonen des aus Chicago stammenden Robert Francis Prevost zählt nach Angaben der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ der spanische Bischof und Theologe Luis Marín de San Martín, der wie der neue Heilige Vater dem Augustinerorden angehört. Beide teilen dieselbe Vision einer weltoffenen Kirche. Der 63-jährige Marín de San Martín könnte zum stellvertretenden Staatssekretär ernannt werden.

Ein weiterer Vertrauter ist Pater Alejandro Moral Antón, ebenfalls Spanier und aktuell Generalprior (Oberster Leiter) der Augustiner – er gehörte zu den ersten, die nach der Wahl am Donnerstag einen Anruf des neuen Papstes erhielten. Auch der römische Erzbischof Fabio Fabene (66), den Franziskus 2022 zum Sekretär des Dikasteriums für Selig- und Heiligsprechungen ernannte, hat gute Aussichten auf einen hohen Posten, ebenso wie der brasilianische Sekretär der Bischofskongregation, Ilson de Jesus Montanari (66), ein profunder Kenner der vatikanischen Machtstrukturen.

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Frauen im Vatikan

Auch eine Frau hat Chancen, in den engsten Mitarbeiterstab von Leo aufgenommen zu werden. Die französische Ordensschwester Nathalie Becquart (56), Expertin für Synodalität (kirchliches Prinzip des gemeinsamen Beratens und Entscheidens), hatte vor ihrem Eintritt ins Kloster der Xavière-Schwestern 1995 Wirtschaft studiert und war im Bereich Marketing und Kommunikation tätig.

Auf eine Bestätigung im Amt hofft auch Schwester Raffaella Petrini, die seit März die Regierung des Vatikanstaats leitet. Papst Franziskus hatte ihr in einem beispiellosen Schritt die Leitung des Kirchenstaats anvertraut, die zuvor ein Kardinal innehatte. Die in Rom geborene Ordensfrau ist promovierte Sozialwissenschaftlerin und absolvierte unter anderem ein Studium an der University of Hartford im US-Bundesstaat Connecticut.

Der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der während des zwölfjährigen Pontifikats von Franziskus die Nummer zwei im Vatikan war, dürfte vorerst im Amt bleiben.

Prevost, der am 8. Mai 2025 als erster US-Amerikaner zum Papst gewählt wurde, begründete seine Namenswahl Leo XIV. mit einem klaren Bezug zur sozialen Frage. In seiner ersten Ansprache verwies er auf Papst Leo XIII. und dessen Enzyklika „Rerum novarum“, wobei er die heutigen Herausforderungen durch künstliche Intelligenz mit der ersten industriellen Revolution verglich. Bei seiner ersten Messe in der Sixtinischen Kapelle am 9. Mai beklagte er das Streben nach Geld, Erfolg und Macht sowie den „Mangel an Glauben“ in der heutigen Zeit.

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Der 69-jährige Augustiner, dessen feierliche Amtseinführung am 18. Mai auf dem Petersplatz stattfinden wird, setzte in seiner ersten Botschaft wichtige Akzente der Kontinuität zu Papst Franziskus. Beobachter sehen dies als deutliches Signal, dass der neue Pontifex den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen möchte.