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INTERVIEW

„Userer Tocher wurden zehn Knochen bei der Geburt gebrochen!“

Kein Erfolg vor Gericht

Wie verlief die Kommunikation mit der Klinik in Korneuburg weiter?

Djorđe Dimitrijevic:

Als die Anklage erhoben wurde, gelangte der Fall aufgrund der schweren Körperverletzung seitens des Krankenhauses vor das Strafgericht. Es kam aber nicht zu einem Prozess, denn der Richter entschied aufgrund der vorgelegten Dokumente aus dem Krankenhaus, dass es dafür keine Grundlage gäbe. Leider hatten wir kein Gutachten, denn wir wussten nicht, dass wir eines hätten besorgen müssen. Sie führten an, es sei der vierte Kaiserschnitt gewesen und Melanie hätte an Übergewicht gelitten, was den operativen Eingriff schwierig und riskant gemacht hätte. Ich hatte kurz vor der Entscheidung des Richters einen Rechtsanwalt gefunden, der uns riet, einen Sachverständigen zu engagieren, was für uns aufgrund unserer schwierigen finanziellen Situation schwer war, denn ich hatte noch immer keine Arbeit.

Dennoch brachten wir die 1.500 Euro irgendwie auf und es fand eine Begutachtung statt. Im Protokoll steht, dass das Kind aufgrund der geplatzten Fruchtblase und der mehrstündigen Wehen bereits im Geburtskanal war und dass eine Ärztin in der Facharztausbildung mit dem Kaiserschnitt begonnen hatte. Als sie sah, dass er aufgrund der Narben von den früheren Kaiserschnitten zu kompliziert werden würde, übernahm ein ausgebildeter Gynäkologe den Eingriff. Aber es ging noch immer schwer und man musste das Baby aus dem Geburtskanal zurückholen. Daher übte man auf den Bauch meiner Frau von beiden Seiten Druck aus. All das übergaben wir dem Zivilgericht, wo uns gesagt wurde, dass ein Anwalt der Patientenanwaltschaft unseren Fall übernehmen müsse.

Dort versuchte man, mit der Klinik Korneuburg eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, aber die Versicherung des Krankenhauses ließ auf dessen Antrag hin noch ein Gutachten erstellen, das das Krankenhaus in einigen Punkten in Schutz nahm, in anderen aber auf unserer Seite war.

,,Uns wurde gesagt, dass wir wenig Chancen hätten, das Verfahren zu gewinnen

Aufgrund dessen informierte uns der Vertreter der Patientenanwaltschaft, dass er unseren Fall nicht übernehmen würde. Leider forderte das Zivilgericht, dass wir als Kläger vor Beginn des Verfahrens 20.000 Euro hinterlegen müssten, damit im Falle, dass wir den Prozess verlören, die Gerichtskosten und auch sonstige Verfahrenskosten gedeckt wären.

Genauso hoch war auch die Schadenersatzsumme, die wir forderten. Uns wurde gesagt, dass wir wenig Chancen hätten, das Verfahren zu gewinnen, und der Rechtsanwalt konnte uns nicht kostenlos vertreten. Darum haben wir darauf verzichtet, unser Recht vor Gericht einzuklagen.“

Die kleine Magdalena nach dem Geburt. (Foto: zVg.)

Warnung für andere Eltern

Was planen Sie weiter?

Melanie Horvath: „Die einzige Möglichkeit, die uns geblieben ist, ist ein Bericht im Magazin KOSMO, damit wir unserer Tochter eines Tages beweisen können, dass wir alles versucht haben, um unser Recht durchzusetzen, das wir vor Gericht nicht erlangen konnten. Dies soll auch anderen Eltern eine Warnung sein, damit sie das vermeiden, was unserem Kind und uns passiert ist.“

Vom Krankenhaus wollten Sie eine Entschädigung von 20.000 Euro. Was hätten Sie mit dem Geld gemacht?

 „Wir hatten geplant, das Geld für unsere Magdalena auf die Bank zu legen. Es hätte ihr das Leben erleichtert, wenn sie älter wird. Leider wird daraus nichts und das Klinikum Korneuburg erhält keine Strafe. Hätten wir auch nur die kleinste Übertretung begangen, hätte man uns das Kind weggenommen und ins Heim gesteckt und wir wären zur Verantwortung gezogen worden. So viel zur Gerechtigkeit unserer Welt.“

Sind Magdalenas Brüche verheilt?

 „Ja, alles ist in Ordnung außer dem rechten Arm, den sie nicht ganz so heben und bewegen kann wie den linken. Ob das noch besser wird, wissen wir nicht. In den ersten Monaten lag sie die ganze Zeit auf einem Kissen und ich habe sie nur mit dem Kissen aufgehoben, um sie nicht zu verletzen. Sehr vorsichtig habe ich sie gebadet, denn das warme Wasser tat ihr gut, während ihr beim Umziehen jede Bewegung wehtat. Ein Jahr lang weinte unsere Tochter viel und schrie, sobald ich sie in den Arm nahm, denn zu Beginn litt sie große Schmerzen und dann gingen die Schmerzen in Gewohnheit über. Sie hatte vor allem und jedem Angst, schlief schlecht und wollte sich nicht von mir trennen.

Jetzt ist sie, wenn ihre Schwestern und ihr Bruder dabei sind, freier, spielt und lacht. Wir alle verwöhnen und umsorgen sie, weil uns bewusst ist, dass sie auch für ihr ganzes Leben behindert hätte sein können. Ihr glückliches Lachen lässt sich nicht mit Geld aufwiegen!“

Die Klinik Korneuburg hat das Wort

Weil wir die journalistische Regel: „Auch die andere Seite verdient Gehör.“, achten, haben wir das Landesklinikum Korneuburg-Stockerau um einen Kommentar gebeten. Die Antworten, die uns Herr Wolfgang Bruckner, der Pressekoordinator der Klinik, geschickt hat, bringen wir hier in ganzer Länge.

Wie hat das Krankenhaus bzw. der verantwortliche Arzt den Vorfall geschildert? Handelt es sich um einen medizinischen Fehler oder um das übliche Risiko, das ein Kaiserschnitt mit sich bringt?

Es hat sich bei diesem Kaiserschnitt – vor allem bedingt durch die Voroperationen – um eine erschwerte Geburt des Kindes gehandelt. Allerdings wurde die Geburt des Kindes vom erfahrensten Operateur der Abteilung assistiert von einer erfahrenen Assistentin durchgeführt, bei welchem noch nie eine Komplikation dieser Art aufgetreten ist. Dieser hat die Geburt als schwierig aber nicht als ausnehmend schwierig bezeichnet.

Es handelt sich eindeutig nicht um einen medizinischen Fehler. Ein Knochenbruch im Rahmen der Geburt des Kindes bei einer vaginalen Geburt oder einem Kaiserschnitt ist eine bekannte Komplikation. Das Verletzungsmuster des Kindes in diesem Fall ist so ungewöhnlich, dass es nicht einmal eine Literaturstelle gibt, in der ein solcher Fall beschrieben ist. Es müssen auch andere Ursachen für das kindliche Verletzungsmuster in Betracht gezogen werden.Inwieweit das Kind auf eine andere Ursache abgeklärt wurde bzw. familiär eventuell Erkrankungsmuster vorliegen, ist dem Klinikum nicht bekannt.

(Foto: korneuburg.lknoe.at)

Die schwierige Situation ist dem Landesklinikum bewusst

Warum wurde im Mutter-Kind-Pass nur ein Bruch im linken Arm angeführt? Wer ist dafür verantwortlich und warum wurde das Kind nicht angemessen versorgt?

Bezüglich dieser Frage muss an die zuständige Kinderabteilung des Universitätsklinikums Tulln verwiesen werden, da diese die Kinder im Wochenbett betreut.

Der Fall ist abgeschlossen und die Familie ist finanziell schwach, um einen Zivilprozess zu starten. Haben die Eltern und die kleine Magdalena wenigstens eine Entschuldigung vom Krankenhaus verdient?

Die schwierige Situation der Familie ist dem Landesklinikum Korneuburg bewusst, obwohl kein Verschulden seitens des Hauses vorliegt. Prim. Univ.Prof. Dr. Martin Imhof, Leiter der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe: „Ich möchte festhalten, dass ich die Schmerzen der kleinen Patientin sowie den Aufwand ihrer Eltern zutiefst bedauere, ist es doch mein und unser Ziel, unsere Mütter möglichst natürlich und risikoarm zu entbinden und den Kindern einen positiven Start ins Leben zu ermöglichen. So gesehen drücke ich mein tiefstes Bedauern, unabhängig von der Verschuldensfrage aus. Der Operateur war in intensivem Austausch mit dem Vater und hat im Rahmen dieser Gespräche auch in meinem Namen die Anteilnahme und Entschuldigung für diese so problematische Anfangsphase ausgedrückt.“

Wir wünschen der kleinen Magdalena alles Gute und vor allem Gesundheit für ihren weiteren Lebensweg.